Knapp vier Wochen nach dem Tod des
"Spiegel"-Herausgebers Rudolf Augstein beschäftigt sich das
Bundeskartellamt mit der künftigen Machtverteilung beim Hamburger
Nachrichtenmagazin. Das berichtete am Sonntag in München der
Nachrichtendienst "Der Kontakter" mit Blick auf das Recht sowohl des
Verlages Gruner + Jahr als auch die Mitarbeiter, ihre Anteile am
Spiegel-Verlag um 0,5 Prozent aufzustocken. Dies ginge zu Lasten der
Augstein-Erben, die damit ihre Sperrminorität verlieren würden.
Kaufabsicht von zusätzlichen 0,5 Prozent
Derzeit halten die Mitarbeiter des Nachrichtenmagazins 50 Prozent
sowie Gruner + Jahr (G+J) und die Augstein-Erben jeweils 25 Prozent
der Anteile. Auf Grund früher getroffener, nach wie vor geltender
Vereinbarungen haben sowohl Gruner + Jahr als auch die Mitarbeiter
die Möglichkeit, jeweils 0,5 Prozent der Anteile zusätzlich zu
erwerben, und kündigten bereits an, ihr Recht auch wahrnehmen zu
wollen.
Prüfung durch Kartellamt
Laut
"Kontakter"
untersucht das Kartellamt derzeit, ob es durch
die von Gruner + Jahr angekündigte Übernahme des zusätzlichen halben
Prozents von den Augstein-Erben zu einem Zusammenschluss im
kartellrechtlichen Sinne kommen würde. "Wir sind im Gespräch mit den
beteiligten Parteien", zitierte der Dienst Behördensprecher Stefan
Siebert.
Verlust der Sperrminorität
Nach Angaben des Nachrichtendienstes treffen die
"Spiegel"-Gesellschafter G+J, Mitarbeiter KG sowie die Augstein-Erben
am Mittwoch dieser Woche in Bonn mit den Wettbewerbshütern zusammen.
Dabei dürfte es vor allem um die Klärung der Frage gehen, wie der
Verlust der Sperrminorität der Augstein-Erben durch den
Anteilsverkauf zu bewerten ist.
Erst wenn die Kartellwächter feststellen sollten, dass der
Machtzuwachs von G+J beim Spiegel-Verlag den Tatbestand eines
Zusammenschlusses darstelle, würde das eigentliche Prüfverfahren
eingeleitet, schreibt der "Kontakter". Dabei dürfte geprüft werden,
wie sich der Machtzuwachs von G+J beim "Spiegel" auf den Markt der
aktuellen Wochenmagazine auswirken wird, auf dem er mit dem "Stern"
bereits vertreten ist.
Laut einem Bericht der "Welt am Sonntag" dürfen die Erben von
Augstein auch jene 24 Prozent der geerbten Anteile am "Spiegel"
verkaufen, die ihnen bleiben, wenn Gruner+Jahr und die
"Spiegel"-Mitarbeiter-KG ihre Optionen auf Zukauf von je 0,5 Prozent
ausüben. Bisher hieß es, Augstein habe testamentarisch verfügt, die
Erben dürften 30 Jahre nicht verkaufen. Nach Angaben des Blatts gilt
dies aber nur, wenn einzelne Erben verkaufen wollten. Einigten sich
jedoch alle Erben, sei ein Verkauf möglich. (APA/AP/dpa)