Wien - Dass die Ceská sporitelna in der Erste Bank Gruppe eine Schlüsselstellung einnimmt, wurde zuletzt bei der Präsentation der Ergebnisse in den ersten drei Quartalen dieses Jahres wieder deutlich: Mit 88 Mio. Euro stellte die im März 2000 zu 52 Prozent und heuer fast zur Gänze erworbene tschechische Tochter mehr als die Hälfte zum Überschuss nach Steuern (161,7 Mio. Euro) bei.
Wodurch dieser Aufschwung des 1999 noch schwer defizitären Geldinstitutes zustande kam, wurde allerdings nur ganz am Rande erwähnt: Der Verkauf von faulen Krediten an die tschechische Konsolidierungsbank (vertraglich vereinbart, weil sich für die marode staatliche Großsparkasse sonst kaum ein Käufer gefunden hätte) erwies sich als tolles Geschäft.
Wie aus Prager Bankenkreisen verlautet, hatte die Ceská sporitelna Ende 1999 faule Kredite ("Loans under special review") in Höhe von 50 Mrd. Kronen (1,65 Mrd. Euro) in den Büchern, die zu 63 Prozent und somit auf 17,7 Mrd. Kronen wertberichtigt waren. Seit der Übernahme durch die Erste Bank wurde der Großteil dieser faulen Kredite an die Konsolidierungsbank verkauft - und zwar zu einem kolportierten Preise von 29 Mrd. Kronen. Wenn diese Zahlen stimmen, hätte die Erste Bank aus diesen Transaktionen 11,3 Mrd. Kronen oder 373 Mio. Euro lukriert - was in der EU als unerlaubte staatliche Beihilfe qualifiziert würde, da in diesem Fall nur der Restwert (Buchwert abzüglich Wertberichtigung, also 17,7 Mrd. Kronen) anerkannt würde.
EU-Wettbewerbsrecht
"Da Tschechien noch nicht in der EU ist, können wir das EU-Wettbewerbsrecht in diesem Fall noch nicht anwenden", heißt es bei der EU-Wettbewerbskommission. Zuständig sei in diesem Fall die tschechische Wettbewerbsbehörde. Um im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen aber das Wettbewerbskapitel abschließen zu können, werde auf deren Bericht mit Spannung gewartet. Erst dann werde feststehen, ob diese Transaktionen in die Liste der genehmigten Beihilfen aufgenommen werden können.
In tschechischen Bankenkreisen wird befürchtet, dass Brüssel unter gewissen Umständen die Gewährung einer weiteren öffentlichen Unterstützung verbieten oder sogar die teilweise Rückerstattung der bisher gewährten verlangen könnte. Das entscheidende Kriterium sei nämlich nicht der Zeitpunkt, zu dem die Beihilfe gewährt wurde, sonder die Dauer ihrer Wirksamkeit, also die gesamte Kreditlaufzeit.
Dass die Kommission von Tschechien zusätzliche Unterlagen über die im Zusammenhang mit der Privatisierung gewährten staatlichen Beihilfen verlangte, betraf nicht nur die Ceská sporitelna, sondern auch die von der französischen Societé Générale erworbene Komercní Banka sowie die von der CSOB (Ceskoslovenská obchodni banka) übernommene IPB. Vor allem bei der CSOB soll es sich noch um weit höhere Beträge an zweifelhaften staatlichen Beihilfen handeln als bei der Ceská sporitelna. (Günter Baburek, Der Standard, Printausgabe, 02.11.2002)