Bild nicht mehr verfügbar.

Der Kärntner Kinderarzt Franz Wurst, angeklagt wegen Anstiftung zum Mord an seiner Gattin. Wursts Patensohn soll das Verbrechen ausgeführt haben.

Foto: APA/GERT EGGENBERGER

Klagenfurt - Sie wirken wie ein unglückselig vekettetes Paar. Hier der angesehene, charismatische Kinderarzt und Wissenschafter Franz Wurst (82). Dort Thomas H. (21) aus bescheidenen, desolaten Verhältnissen. Schon als Jugendlicher straffällig gworden: Drogen, Diebstähle, ein notorischer Lügner. Dennoch: Der schmächtige, blasse Bursch mit den stieren Augen eines Erloschenen war der heiß geliebte "Patensohn" des "Professors". Jetzt sitzen sie im Schwurgerichtssaal nebeneinander. Getrennt durch einen Wachebeamten.

Es geht um Mord. An Hilde Wurst, der Gattin des Professors. Thomas H. hat bereits gestanden. Er habe sie mit einem Aceton-getränkten Tuch erstickt. Aber der Herr Professor habe ihn dazu angestiftet. Und ihn seit frühester Jugend sexuell missbraucht und später dann Sex und Schweigen mit Geld, viel Geld erkauft. Dessen üppigen Fluss Hilde Wurst schließlich abgedreht habe, weil sie möglicherweise die Hintergründe oder auch die desaströse finanzielle Tragweite erkannte. Wurst und sein Patensohn sind seit Ende 2000 in Haft.

Doch der größte Prozess der Kärntner Kriminalgeschichte droht nun wieder einmal zu platzen. Eine der Geschworenen sei bereits nahe daran, "alles hinzuschmeißen, weil sie wegen der langen Prozessdauer familiär schwer unter Druck geraten ist", sagt Thomas H.s Anwalt Gerhard Brandl im Gespräch mit dem STANDARD. Franz Wursts Anwalt Helmut Sommer hat nämlich die Verlesung sämtlicher 16 Aktenbände - Tausende Seiten - erzwungen. Wochenlang wurde vorgelesen. Jetzt ist damit Schluss.

Anwalt Brandl glaubt dennoch nicht mehr an ein Prozessende vor Weihnachten. "Es soll offenbar so lange verzögert werden, bis Wurst nicht mehr kann oder ein Geschworener aussteigt."

Wurst-Verteidiger Helmut Sommer weist das vehement zurück: " Das ist ein elementares Recht der Verteidigung. Die Geschworenen kennen den Akt nicht vollständig." Aber auch Sommer übt heftige Kritik an der Prozessführung von Richter Wilfried Kirchlehner. So hätte der ein psychiatrisches Gutachten nicht zur Verlesung gebracht, das Wurst eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit attestiert.

Wurst, einst als jüngster Arzt des großdeutschen Reiches gefeiert, folgt dem Prozessverlauf konzentriert, korrigiert lautstark, wenn ihm etwas nicht passt. "Er war sein Leben lang ein Musterschüler. So versucht er sich auch jetzt zu verhalten", erklärt sein Anwalt. Aber der 82-jährige Exprimar verliert auch hin und wieder den Faden und berichtet etwa vom Besuch eines Verstorbenen in der Zelle.

Zusätzliche Termine

Richter Kirchlehner will nun den Prozessverlauf durch zusätzliche Termine beschleunigen. Zu viele Zeugen sind noch zu hören. Zeugen, die laut Anklage belegen sollen, dass sich der in seinem Fachbereich österreichweit hoch geschätzte Vorstand der Heilpädagogik am Landeskrankenhaus Klagenfurt auch an zahlreichen minderjährigen Patienten vergangen habe. Und ehemalige Wurst-Mitarbeiter, die großteils nichts bemerkt haben wollen.

"Thomas wäre nicht geworden, was er ist, wenn er nicht schon als Kind von Wurst sexuell missbraucht worden wäre", behauptet sein Verteidiger. Er will auch noch Beweise vorlegen, wonach es Thomas H. gar nicht geschafft hätte, Hilde Wurst umzubringen. Sondern dass ihr Gatte zuletzt selbst Hand angelegt habe. Der Prozess geht morgen, Dienstag, in die nächste Runde.(Elisabeth Steiner/DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2002)