Afghanistan
Interner Streit über künftige Verfassung Afghanistans
Umstritten: Trennung von Staat und Religion
Bonn - Im Vorfeld der zweiten Afghanistan-Konferenz auf
dem Petersberg bei Bonn ist es zwischen Gruppen der afghanischen
Zivilgesellschaft und Mitgliedern der Verfassungskommission einem
Zeitungsbericht zufolge zu einem Streit über die zukünftige
Verfassung des Landes gekommen. Ausgelöst wurde dies der "Fincial Times Deutschland
" (Montagausgabe) zufolge durch eine Äußerung des
stellvertretenden Vorsitzenden der Kommission, Musa Marufi, wonach
die neue Verfassung keine Trennung von Staat und Religion vorsehen
werde. Die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul rief die
internationale Gemeinschaft auf, sich in ihrem Engagement auf
Afghanistan zu konzentrieren.
An eine festgeschriebene Trennung von Staat und Religion "sollte
man noch nicht einmal denken", sagte Marufi. Andere
Kommissionsmitglieder hätten der Gleichberechtigung von Männern und
Frauen sowie einer Volksabstimmung über die künftige Verfassung eine
Absage erteilt.
"Das hätte auch Talibanchef Mullah Omar sagen können", kritisierte
einer der Teilnehmer Marufis Äußerung. Die Vorsitzende des
Anwältinnenvereins von Kabul, Suraja Paikan forderte, dass die
Gleichberechtigung von Mann und Frau "selbstverständlich" in der
Verfassung garantiert werden müsse. Das Treffen fand am Wochenende
vor der neuen Afghanistan-Konferenz statt.
Unterdessen warnte Wieczorek-Zeul davor, sich durch andere
regionale Konflikte vom Engagement in Afghanistan ablenken zu lassen.
"Der langfristige Wiederaufbau ist der wirkliche Ernstfall", sagte
die Ministerin im Gespräch mit der "
Berliner Zeitung
". Das größte
Hindernis in der Entwicklungsarbeit sei bislang die fehlende
Sicherheit in Afghanistan. Dennoch seien die "konkreten
Lebensumstände" dort schon besser geworden, betonte sie.
Insbesondere für Frauen hätten sich die Lebensbedingungen
verbessert: "Mädchen können wieder in die Schule gehen, Arbeitsplätze
für Frauen werden geschaffen", zitierte das Blatt die Ministerin.
Zudem seien in der Verfassungskommission neben fünf Männern auch zwei
Frauen vertreten. "Das ist für Afghanistan ein Riesenfortschritt",
betonte Wieczorek-Zeul.
Die Außenminister zahlreicher Staaten wollen bei dem eintägigen
Treffen am Montag über den weiteren Wiederaufbau des Landes beraten.
Insgesamt hatten sich 32 Delegationen angesagt. Neben Afghanistans
Präsident Hamid Karsai und weiteren Mitgliedern der afghanischen
Regierung wollten auch der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi und
weitere Vertreter der Vereinten Nationen sowie zur Eröffnung der
deutsche Kanzler Gerhard Schröder teilnehmen. Karsai traf bereits am
Sonntagabend zu Gesprächen mit Außenminister Joschka Fischer
zusammen. Die Nachfolge-Konferenz soll sicherstellen, dass der
Wiederaufbau in Afghanistan weitergeht und von der internationalen
Gemeinschaft weiter unterstützt wird. (APA)