Nahost
Iran: Anwalt von Aghajari geht nach Todesurteil in Berufung
Verurteilter selbst wollte nicht berufen
Teheran - Der Anwalt des zum Tode verurteilten
iranischen Akademikers Hashem Aghajari hat Berufung gegen das Urteil
eingelegt. Der Rechtsanwalt Saleh Nikbakht reichte beim Gericht in
der westiranischen Stadt Hamedan einen entsprechenden Antrag ein, wie
der mit dem Fall befasste Staatswanwalt, Sekrollah Ahmadi, am Montag
bestätigte. In seinem Antrag habe Nikbakht das Urteil vollständig
abgelehnt. Die Akte werde so schnell wie möglich an das Oberste
Gericht weitergeleitet. Obwohl das geistige Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei Ende November
eine Überprüfung des Urteils angekündigt hatte, wollte der
Staatsanwalt den Fall erst bei einem Revisionsantrag neu aufrollen.
Der Verurteilte selbst wollte nicht in Berufung gehen, sein Anwalt
hatte den Schritt jedoch am Donnerstag angekündigt. Zunächst war
unklar, ob Aghajari seine Meinung geändert hatte. Sein Anwalt wollte
am Nachmittag vor der Presse Stellung nehmen.
Der Teheraner Universitätsprofessor Aghajari war Anfang November
zum Tode verurteilt worden, weil er die Herrschaft der islamischen
Geistlichen in Frage gestellt hatte. Tausende Studenten
demonstrierten daraufhin tagelang gegen das Urteil und für mehr
Meinungsfreiheit. Hunderte Professoren schrieben einen Protestbrief
an Khamenei. Unterstützung erhielten die Anhänger Aghajaris vom
reformorientierten Präsidenten Mohammed Khatami, der das Todesurteil
"unangemessen" nannte. Seine Anhänger und die konservativ-islamischen
Kräfte tragen derzeit einen verschärften Machtkampf aus. Selbst unter
konservativen Politikern machte sich Unmut über das Todesurteil gegen
Aghajari breit. (APA)