Wien - Der Geschichte des Kunstsammelns in Polen vom 12. bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert ist eine große Ausstellung des Kunsthistorischen Museums (KHM) in Wien gewidmet. "Thesauri Poloniae" (3.12. bis 2.3.2003) heißt die über 180 Objekte umfassende Schau, die für KHM-Generaldirektor Wilfried Seipel "der Höhepunkt des Polnischen Jahres in Österreich" ist. Für diesen "Versuch, die polnische Geschichte und den Stellenwert Polens in Europa anhand seiner Sammlungsgeschichte zu veranschaulichen", hätte Polen "erstmals in der Geschichte Kunstwerke in derartigem Umfang und in derartiger Qualität in ein anderes Land geschickt", meinte Seipel. Polens Kulturminister Waldemar Dabrowski verlieh der Hoffnung Ausdruck, man möge die Ausstellung in der Perspektive der europäischen Integration sehen. "Was einst bei Kohle und Stahl begonnen hat, hat nun endlich auch die Dimension des Geistes erfasst." Stürmische Zeitläufte Wie wechselvoll und kriegerisch die Geschichte Polens verlaufen ist, wird bereits anhand der Hauptwerke der Ausstellung deutlich. "Das jüngste Gericht", der dreiflügelige Altar von Hans Memling aus dem 15. Jahrhundert, der in der Marienkirche in Danzig seine Heimat gefunden hat, war ursprünglich für eine Kirche in der Nähe von Florenz beauftragt worden, fiel beim Transport von Brügge nach Italien jedoch Seeräubern in die Hände, die im Auftrag der Hansestadt Danzig standen. KHM-Direktor Seipel betonte, dass seither die Danziger jeder ausländischen Begehrlichkeit gegenüber standhaft geblieben wären und auch Rudolf II., der dieses Prunkstück gerne seiner Sammlung einverleibt hätte, abblitzen ließen. Umso erfreulicher sei es, dass man diesen bedeutenden Altar nun nach Wien reisen habe lassen. Auch das Plakatsujet der Ausstellung, die den Hochzeitszug von König Zygmunt III. und Erzherzogin Konstanze von Österreich zeigende "Stockholmer Rolle" aus dem 17. Jahrhundert, habe eine bewegte Geschichte, erzählte Andrzej Rottermund vom Warschauer Königsschloss. Über Jahrhunderte wurde das Kunstwerk als Kriegsbeute in Schweden aufbewahrt und erst kürzlich wieder nach Warschau zurückgebracht. Bild der Epochen Die Ausstellung ist in fünf Abschnitte gegliedert und zeigt die wichtigsten Sammlungstraditionen Polens. Einen besonderen Stellenwert kommt dabei den Kirchen und ihren Schatzkammern zu, aber auch Städte wie Danzig oder Krakau haben ihren Reichtum in speziellen Maß in die Beauftragung und in das Sammeln von Kunst gesteckt. Nicht wegzudenken ist auch in Polen die Sammlungstätigkeit der Monarchen. Aus den königlichen Schatzkammern stammen etwa die Krönungsinsignien von König August III, ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert zeigt aber auch die Kunstkammer des Prinzen Wladislaw Zygmunt Wasa und illustriert dabei, was der junge Thronfolger auf seinen Reisen durch Europa so alles einzukaufen pflegte. Auch die Großmagnaten und die polnische Aristokratie werden in ihrer Bedeutung für Polens Sammlungsgeschichte gewürdigt. Mit Gemälden und Altarbildern, Tafelgeschirr und Tapisserien, Gewändern und Büchern, Waffen, Wappen und Medaillen lässt die Ausstellung ein ebenso prunkvolles wie reichhaltiges Bild der Epochen entstehen. Diese Schau, es ist unübersehbar, war den offiziellen Stellen Polens ein besonderes Anliegen. Oder, wie Minister Dabrowski meint: "Die Ausstellung repräsentiert in hervorragender Weise das, was die Essenz Polens ist."(APA)