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Molterer über den Koalitionspartner FPÖ: "Mit Zerstrittenheit, mit nicht wissen, wo vorne und hinten ist, kann man nicht Politik machen"

Foto: APA/Schlager
Budgetpolitik, Europa und Werte: Das sind laut Schüssel-Stellvertreter Wilhelm Molterer (ÖVP) die inhaltlichen Hürden, die es in den Gesprächen mit den potenziellen Koalitionspartnern zu überwinden gilt. Den Umweltminister interviewte Martina Salomon.
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STANDARD: Angesichts des Zustandes der FPÖ: Hat die ÖVP denn wirklich alle Koalitionsoptionen offen? Molterer: Wir führen die Gespräche mit allen drei Parteien, weil wir von vorneherein gesagt haben, es ist niemand auszugrenzen. Aber es hängt natürlich von der Umsetzung der wichtigen Inhalte ab, mit wem letztendlich eine Regierung zustande kommt. STANDARD: Immer mehr Leute aus Ihrer Partei wünschen sich Schwarz-Grün. Wie stehen die Chancen dafür? Molterer: Es ist sehr positiv, dass nun - nach einigen Tagen - alle drei Parteien Gespräche führen und sich nicht verweigern. Die SPÖ muss aus ihrer Oppositionsansage herausfinden; die FPÖ muss bei ihrem Parteitag am 8. Dezember intern klären, in welche Richtung sie geht; und die Grünen haben auch einen Weg zu gehen: in Richtung Gesprächsfähigkeit. Aus meiner Sicht haben sie sich im Wahlkampf taktisch falsch verhalten, indem sie sich ausschließlich auf Rot-Grün festgelegt haben. Die nächste Etappe wird sein, die wichtigsten Themen anzusprechen. STANDARD: Da gibt’s mit den Grünen bei Abfangjägern und Ausländerpolitik wohl unüberbrückbare Gräben? Molterer: Die Gespräche sind ja dazu da, Unterschiede auszuloten und wenn möglich auch zu überwinden. Es gibt mit jeder Partei inhaltliche Differenzen. Bei der SPÖ ist es die Budgetpolitik und die Rolle des Staates. Bei den Freiheitlichen ist es das Thema Europa. Bei den Grünen ist es die Wertefrage. STANDARD: Inwiefern? Molterer: Eine werteorientierte Politik kann bestimmte Themen - Stichwort Drogen - nicht ermöglichen. In der Europa- und der Sicherheitsfrage wiederum wird sich langfristig keine Partei abseits stellen dürfen. Wir tun uns da leichter, weil wir auch im Wahlkampf Linie gehalten haben. Und die Leute haben gespürt, dass zum Beispiel der wirtschaftliche Hausverstand nicht ausgeschaltet werden kann, wenn’s um Budgetpolitik geht. STANDARD: Sie haben aber einen Koalitionspartner, der das genaue Gegenteil darstellt und überhaupt keine Linie hat. Molterer: Die Wähler haben darauf ja auch eine Antwort gegeben, die deutlich genug war. Mit Zerstrittenheit, mit nicht wissen, wo vorne und hinten ist, kann man nicht Politik machen. STANDARD: Was wäre für die ÖVP der Wunschparteiobmann der Freiheitlichen? Molterer: Da werde ich mich sicher nicht einmischen. Die FPÖ muss selbst wissen, was sie will und welche Strategie sie hat. Aber darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf. STANDARD: Haben Sie eine Präferenz? Molterer: Die heißt: Wolfgang Schüssel ist Bundeskanzler. (DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2002)