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Guido Westerwelle will in der Mitte wachsen

Foto: Reuters/Schwarz
Gleichgültig, wie lange sich die Prozedur des Parteiausschlusses auch hinziehen wird, eines steht seit Montag nun wohl definitiv fest: Der Anfang vom Ende des Jürgen W. Möllemann als FDP-Politiker ist auch der Anfang vom Ende eines großen Projektes der Liberalen Deutschlands. Die FDP als Volkspartei, das großsprecherische "Projekt 18 Prozent", die breitenwirksam positionierte Spaßpartei - diese politischen Konzepte sind spätestens jetzt endgültig gescheitert. Hatte sich Parteichef Guido Westerwelle unmittelbar nach der Bundestagswahl im September nur widerwillig vom "Projekt 18" getrennt, lautet seine Ansage nun: Die FDP sei eine Partei der Mitte und wolle auch in der Mitte wachsen. Das klingt so schal, wie sich im Nachhinein Westerwelles Auftritte im Big- Brother-Container oder Möllemanns punktgenaue Landungen mit gelbblauem Fallschirm auf diversen Volksfesten darstellen. Wenn sich die Führung der Freien Demokraten jetzt an Möllemann abputzt, dann mag das angesichts der seltsamen Finanzgebarung und der unsäglichen antisemitischen Ausfälle verständlich sein. Fair ist es nicht. Gerade diejenigen, die Möllemann nun hinauswerfen wollen, waren auch jene, die ihm nach seinem fulminanten Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen am heftigsten auf die Schulter geklopft haben. Allein: Fairness ist keine politische Kategorie. Zustimmung zählt. Und die ist dem "populistischen Trüffelschwein" Möllemann offenbar nach wie vor sicher. Neun Prozent der Deutschen begrüßen nach Meinungsumfragen eine neue, von ihm zu gründende liberale Partei. - Für die FDP kann das eigentlich nur bedeuten, dass für sie nach einem kurzen Traum von der Volkspartei das "Projekt Siebenkommazwo", das mühsame Halten der Wähler vom Herbst 2002, angebrochen ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2002)