Mensch
Tiroler Ärztekammer gegen pränatale Suche nach Gendefekten
Bischof Kothgasser war für Schutz des behinderten Lebens eingetreten
Innsbruck - Gegen eine Aufnahme der
Nackentransparenz-Messung in den Mutter-Kind-Pass zur Früherkennung
chromosomaler Gendefekte hat sich am Dienstag die Fachgruppe für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Tiroler Ärztekammer
ausgesprochen. Die verpflichtende Untersuchung war von Ärzten
mehrfach gefordert worden. Der ehemalige Innsbrucker Diözesanbischof
Alois Kothgasser hatte sich im Juni gegen die "Deklaration einer
Methode zur Selektion von behindertem Leben als Vorsorgeuntersuchung"
gewandt. Die Fachgruppe für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sei zum
Entschluss gekommen, dass die Beratung und Aufklärung über die
Möglichkeit der fetalen Nackentransparenzmessung dem Facharzt
obliegen soll und sich Patientinnen freiwillig für die Untersuchung
entscheiden können. Eine dritte Ultraschalluntersuchung im
Mutter-Kind-Pass für das erste Trimenon wurde von der Fachgruppe
gefordert. Damit könnte vor allem eine exaktere Terminbestimmung
vorgenommen, Eileiterschwangerschaften ausgeschlossen und
lebensunfähige Fehlbildungen festgestellt werden. Wünschenswert sei
die Beifügung einer aufklärenden Broschüre über Möglichkeiten und
Risiken der Pränataldiagnostik zum Mutter-Kind-Pass.
Laut Meinungen von Experten könnten durch die
Nackentransparenz-Messung bereits in der elften Schwangerschaftswoche
achtzig Prozent der Fälle von Down-Syndrom erkannt werden. Im Juni hatte
sich Diözesanbischof Kothgasser gegen die Aufnahme der
Nackentransparenz-Messung in den Mutter-Kind-Pass ausgesprochen, die
"einer Rasterfahndung nach behindertem Leben" gleichkomme.
Behinderungen könne die Medizin nicht heilen, "verhindert" werden
könne nur das behinderte Kind, hatte Kothgasser kritisiert. Frauen,
die ein behindertes Kind erwarteten, bräuchten in erster Linie
Beratung und psychologische Betreuung, um in Ruhe ihre Entscheidung
treffen zu können. Der Diözesanbischof hatte im Juni seine Sorge
darüber ausgedrückt, dass der gesellschaftliche Druck auf Frauen
weiter zunehmen würde, nur mehr ein gesundes Kind zur Welt bringen zu
dürfen. (APA)