Kostunica droht mit vorgezogener Parlamentswahl - Djindjic möchte Sturz seiner Regierung verhindern
Redaktion
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Belgrad - Die anhaltenden Rivalitäten zwischen den Führern
der demokratischen Parteien werden die serbische Präsidentenwahl am
Sonntag entscheidend mitprägen. Der jugoslawische Präsident und
Vorsitzende der Demokratischen Partei Serbiens (DSS), Vojislav
Kostunica, gilt schon im Vorfeld als sicherer Wahlsieger. Ohne eine
klare Unterstützung seines größten politischen Rivalen, des
serbischen Premiers und Chefs der Demokratischen Partei (DS) Zoran
Djindjic, und der Expertengruppe "G-17 Plus" wird Kostunica das
serbische Präsidentenamt aber wohl nicht ausüben können.
Die schon lange anhaltenden Animositäten der einstigen Leitfiguren
der Demokratischen Opposition Serbiens (DOS) drohen zwei Jahre nach
dem Sturz des Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic die Reformprozesse im
Land und die Annäherung an die europäischen Integrationen völlig lahm
zu legen. Die DOS-Führer vermochten sich auch vergangene Woche nicht
auf eine einheitliche Unterstützung für die Kandidatur Kostunicas zu
einigen. Dennoch kann Kostunica mit der Unterstützung zumindest
einiger DOS-Parteien rechnen. Gerade dies könnte wiederum Djindjic im
Parlament schon bald zum politischen Verhängnis werden.
Kostunica droht mit vorgezogener Parlamentswahl
Wohl aus diesem Grund machte der Premier Kostunica das Angebot,
ihn bei dessen Kandidatur "unter bestimmten Bedingungen" zu
unterstützen. Dies wurde allerdings von der DSS prompt zurück
gewiesen. Djindjic ging es dabei offenbar darum, von Kostunica die
Zusicherung zu bekommen, dass die DSS-Abgeordneten im Parlament nicht
die Regierungsfrage anschneiden und auf vorgezogene Parlamentswahlen
drängen. Kostunica hingegen hat am vergangenen Wochenende seinen
Wahlkampf praktisch mit der Drohung gestartet, vorgezogenen
Parlamentswahlen auszurufen, sollte auch die Wiederholungswahl wegen
zu geringer Beteiligung scheitern.
Die Kritik Kostunicas bezieht sich vor allem auf überalterte
Wählerverzeichnisse, in denen hunderttausenden "Karteileichen" lagern
sollen. Jemand werde dies erklären müssen, drohte Kostunica in der
Tageszeitung "Danas" und meinte damit offensichtlich Djindjic. Sollte
auch die Wahl am Sonntag scheitern, werde sich die Situation weiter
zuspitzen. Doch das aktuelle Thema würden dann nicht
Präsidentschafts-, sondern Parlamentswahlen sein, drohte Kostunica
offen.
Aufforderung zum Wahlboykott
Djindjic dürfte angesichts der politischen Kräfteverhältnisse
tatsächlich Grund zur Sorge haben. Kostunica ist es neuerdings
gelungen, den Parteienblock rund um seine DSS zu Ungunsten von
Djindjic zu erweitern. Zu den Unterstützern Kostunicas zählen nicht
mehr bloß der populistische DOS-Politiker Velimir Ilic, sondern auch
der serbische Vizeministerpräsident Nebojsa Covic sowie der
jugoslawische Parlamentspräsident Dragoljub Micunovic, der erster
Präsident der neuen Staatengemeinschaft "Serbien und Montenegro"
werden will.
Andererseits hat die Christdemokratische Partei Serbiens (DHSS)
des serbischen Justizministers Vladan Batic zu einem offenen
Wahlboykott aufgefordert. Auch die Liga der Sozialdemokraten der
Vojvodina (LSDV) von Nenad Canak will die Präsidentenwahl
boykottieren. Eines "stillen Wahlboykottes" wird aber seitens der DSS
vor allem Djindjic beschuldigt.
"Gegenoffensive" von Djindjic
Im serbischen Parlament haben einzelne DOS-Parteien mehrere
Abgeordnetenklubs gebildet. Sollte nach einem durchaus möglichen
Scheitern der Wahl am Sonntag tatsächlich die Regierungsfrage auf die
Tagesordnung kommen, könnte es sich herausstellen, dass Djindjic
nicht mehr über eine sichere Parlamentsmehrheit verfügt. Der im
Oktober gebildete Djindjic-treue Abgeordnetenklub "DOS-Reformen
Serbiens" soll bereits kräftig an abgewanderten Mandataren verloren
haben.
Der Premier will freilich ebenfalls nicht tatenlos zusehen, wie
seine Position sukzessive untergraben wird. Djindjic hat bereits eine
"Gegenoffensive" gestartet. Er führte das mangelnde Wählerinteresse
auf die "geringen Befugnissen" des Staatschefs zurück. Entweder solle
man deshalb dem Präsidenten größere Befugnisse einräumen, oder aber
das Wahlgesetz ändern, stellte Djindjic in Aussicht. (APA)
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