Mit Untersuchungsausschüssen hat Roland Koch eine gewisse Erfahrung. Mit Lügen in der Politik auch. - Im Frühjahr 1999 tauchten Schwarzkonten der hessischen CDU in der Schweiz auf, die als jüdische Vermächtnisse getarnt waren. Hessens Ministerpräsident und CDU-Chef erklärte, er wisse von nichts, alle Einnahmen seiner Partei seien regulär verbucht. Wochen später musste Koch eingestehen, dass er längst über die Schwarzgeldkonten informiert gewesen war.

Der Skandal war perfekt - und der 44-Jährige überstand ihn unbeschadet. Rücktrittsaufforderungen, Misstrauensanträge, staatsanwaltliche Untersuchungen konnten ihm nichts anhaben. Koch saß - wie sein großes politisches Vorbild Helmut Kohl - alles aus. Und spätestens seither gilt der Frankfurter mit dem pockennarbigen Gesicht, wenn schon nicht als Sympathie-, so doch als Hoffnungsträger der Union.

Mit seinem jüngsten Coup stellte Koch dies wieder einmal eindrücklich unter Beweis: Während die auch nach jahrelanger Opposition blassen Berliner Unionsspitzen Schröders weiterziehende Karawane ankläfften, initiierte der Hesse den U-Ausschuss wegen angeblichen Wahlbetrugs der rot-grünen Bundesregierung.

Angriff, nicht Zögerlichkeit oder gar Verteidigung. Das entspricht ganz dem Naturell des ambitionierten Hessen. "Ich möchte nicht immer nur der Amboss, sondern gelegentlich auch der Hammer sein", erklärte er einmal. Und damit fährt der politische Haudrauf schon eine beachtlich lange Karriere gut.

Koch wird 1958 in ein "politisches Elternhaus" in Frankfurt hineingeboren. Mit 13 geht der "kleine Koch" (der Vater brachte es bis zum hessischen Justizminister) zur Schülerunion. Dann Stadtparlament, Kreistag, Landtag, Ministerpräsidentenamt. Nebenbei ein Jus-Studium in Mindestzeit, eine Ehe, zwei Söhne. Die Karriere verläuft geradlinig und schnell. Den ehemals "jungen Wilden" der Union kann nichts aufhalten. Schon gar keine Skandalgeschichten. "Geht nicht gibt's nicht", sagt er gern.

Daran, dass er die Wahlen im kommenden Frühjahr in Hessen gewinnen wird, zweifelt inzwischen niemand mehr. Daran, dass einer mit seinem Willen zur Macht auch das Zeug zum Bundeskanzler hat, auch nicht.

Und bis dahin wird weiter eifrig der politische Hammer geführt. In der CDU-Schwarzgeldaffäre hat Koch die "brutalstmögliche Aufklärung" versprochen. Tatsächlich aufgeklärt wurde in der Sache wenig. Dass es dem Hessen mit der Vorliebe fürs Handfeste diesmal wirklich um die der Aufklärung der Affäre geht, ist der politischen Sachlage nach wahrscheinlich. Dass dies jedenfalls "brutalstmöglich" geschehen wird, darf indes als gesichert gelten.

(DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 4.12.2002)