Ob Junktim oder nicht: Als kluger Schachzug wirkt die Idee von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, das Thema Ökopunkte mit zwei Fragen zu verknüpfen, die den Transitgegenspielern Deutschland und Italien am Herzen liegen. Doch ob der Hebel über die Zinsbesteuerungsrichtlinie und den Energiesteuerrabatt für Frächterdiesel wirkt, ist sehr fraglich. Das weiß auch Grasser, weshalb er sicherheitshalber auch den Hinweis auf den Zusammenhang des Transits mit der EU- Erweiterung nicht vergisst. Damit macht er klar, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Ökopunkte auch kommende Woche beim großen EU-Erweiterungsgipfel in Kopenhagen notfalls zum Thema machen würde. Die Partner seien gewarnt. Bevor es zum Showdown kommt, treffen sich allerdings noch die EU-Verkehrsminister am morgigen Donnerstag in Brüssel. Der Deutsche Manfred Stolpe wird sich dort nicht sonderlich von Grassers angekündigtem Einlenken bei der Zinsbesteuerung beeindrucken lassen. Die Berliner Regierung weiß nämlich, dass außer Wien auch Luxemburg massiv gegen die geplante Richtlinie auftritt. Ein Nachgeben allein Österreichs würde wenig helfen. Zudem klingt Grassers indirektes Angebot unglaubwürdig: Warum sollte Wien für eine um drei Jahre verlängerte Ökopunkteregelung am Ende sein Bankgeheimnis opfern? Auch Rom weiß, dass einem Steuerrabatt für Frächterdiesel Berlin noch viel mehr im Weg steht als Wien. Hier würde sich ein Tauschgeschäft mit Österreich ebenso wenig lohnen. So bleiben nun drei Varianten. Erstens: Deutschland und Italien lenken aus ökologischer Einsicht bei den Ökopunkten endlich ein. Zweitens: Wien überlegt sich, wie das "Junktim" zu einem breiten Ringtausch der Interessen ausgebaut werden könnte. Drittens: Schüssel schwingt in Kopenhagen die Vetokeule. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 4.12.2002)