Christina Kölbl und Daniela Brucher von der "Basisversorgung Frauen" der steirischen Caritas
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Draußen trist und regnerisch, drinnen renovierungsbedürftig, aber gemütlich: das "Haus Elisabeth"
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Ausgemalen vom Zivildiener: das Esszimmer in optimistischem Gelb
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Fast schon am Strand - das Tosen des Meeres im Badezimmer
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Schlafzimmer mit Hab und Gut
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Graz - Die hohen Altbauwände des Büros strahlen in gleißendem Gelb, an den Wänden des Bades brausen Meereswogen und selbst die Toiletten tragen farblich ganz schön was zum Wohlbefinden bei. Am Fenstersims stehen liebevoll gepflegte Grünpflanzen und überdecken schon mal einen Sprung im Verputz. Da legt jemand ganz deutlich Hand an das schon etwas alte Haus, um seine Liebenswürdigkeit zu erhalten.

Aber nicht nur um Wohlbefinden geht es im "Haus Elisabeth", der einzigen Notschlafstelle für Frauen in der Steiermark. Im Vordergrund steht die Versorgung der Grundbedürfnisse der Frauen. Christina Kölbl von der Caritas Steiermark: "Wir arbeiten mit dem niederschwelligsten Zugang, sprich Bett, Essen, Kleidung und medizinische und psychologische Erstversorgung."

Ausgelastet

Im Herbst 2001 wurde das Haus Elisabeth in die "Basisversorgung Frauen" der steirischen Caritas eingebunden und verbucht seither eine Auslastung zwischen 90 und 120 Prozent. Daniela Brucher, Leiterin dieser Abteilung: "Das erste, das ich abgeschafft habe, wie ich das Haus dazu bekommen habe, waren die Schließungszeiten unter Tags. Welche Frau mit Kind kann so eine Einrichtung nutzen, die gerade zur Mittagszeit geschlossen hat. Das Kind sucht sich nicht aus, wann es Hunger hat oder die Windeln gewechselt braucht. Kinder brauchen eine regelmäßige Ernährung."

Aufenthaltsbeschränkung für die Frauen, die sich in ihrer äußersten Notlage an das "Haus Elisabeth" wenden, gibt es keine. Daniela Brucher: "Man kann nicht sagen, dass nach sechs Nächten das Problem weg ist. Die Frauen sind ja schon vorher so unter Druck gestanden."

Traumatisiert ...

"Es schafft auch nicht jede, gleich zu erzählen, was eigentlich los ist. Viele Frauen kommen schwer traumatisiert zu uns, haben Gewalterfahrungen, sind vielleicht mit einem Schlepper nach Graz gekommen und auch noch vergewaltigt worden. Und diese Menschen haben halt überhaupt keine Lobby: Frau, Ausländerin, vielleicht auch noch die falsche Hautfarbe und dazu noch schwanger. Für diese Frauen sind wir da. Nach uns gibt es nur mehr die Straße."

Das Haus sei kein "Umerziehungslager", so die zwei Betreuenden. "Wir zwingen niemanden, eine Behandlung zu machen. Auch drogen- oder alkoholabhängige Frauen nicht, damit sie bei uns wohnen können. Es geht um eine gewisse Wohnfähigkeit. Vordergründig geht es darum, dass die Frauen wieder lernen, was Wohnen und Normalität im Leben bedeutet. Sich in die Küche setzen und etwas zum Essen zu richten. Sich duschen können und die Waschmaschine einschalten. Wenn eine Frau über Jahre hinweg mit einem Tascherl und einem Sackerl herumzieht, dann kann sie keinen Haushalt mehr führen. Die weiß auch nicht mehr, was Ernährung bedeutet. Und wenn sie dann noch einmal abstürzen sollte, weiß sie zumindest, was Normalität im Leben, wovon die Anderen reden, bedeuten kann."

Finanzierung

Anfang Sommer hat die Einrichtung, die bislang ganz von der Caritas vorfinanziert wurde, Subventionsansuchen an Stadt, Land, Bund und den Landeshauptmann Klasnic gestellt. Bisher ohne jegliche Antwort. Im Dezember bei der Budgeterstellung wird es darum gehen, ob sich die Caritas diese Einrichtung weiter leisten will. Daniela Brucher: "Ich sehe schon ein, wieso die Caritas sagt, dass sie nicht allein für dieses Thema zuständig ist. Wir erfüllen eine Dienstleistung, die eigentlich in den Aufgabenbereich des Staates fällt. Und da hat sie recht als Institution. Wir machen ja etwas für Leute, die es bei uns ja offiziell gar nicht gibt. Wie sind eines der reichsten Länder der Erde, bei uns kann es ja gar keine armen Leute geben. Armut findet statt, und zwar bei uns."

Mittlerweile haben sich schon etliche Institutionen und Privatpersonen gefunden, die dem "Haus Elisabeth" unter die Arme greifen will. Christina Kölbl: "Eine Schulklasse verkauft sogar Suppe für uns. Das ist wirklich toll. Aber was wir wirklich brauchen würden, ist eine längerfristige Finanzierung."

(e_mu)