Belgrad/Podgorica - Der Erfolg der für den 22. Dezember einberufenen Präsidentschaftswahl in Montenegro ist ungewiss geworden, nachdem sich das proserbische Oppositionsbündnis "Gemeinsam für Veränderungen" zum Wahlboykott entschlossen hat. Der Beschluss war seitens der führenden Oppositionspartei, der Sozialistischen Volkspartei (SNP) von Predrag Bulatovic, mit der Begründung erläutert worden, dass es keine Aussichten auf "freie und faire Wahlen" in Montenegro gebe. Die Parlamentswahl am 20. Oktober war von allen Kandidaten als demokratisch bezeichnet worden. Dabei hatte die Regierungskoalition von Milo Djukanovic 39 von 75 Sitzen erobert und somit das Oppositionsbündnis, das auf den Wahlsieg gehofft, jedoch nur 30 Parlamentssitze bekommen hatte, klar besiegt. Boykottentscheidung droht Regierungskoalition Strich durch die Rechnung zu ziehen Die aus der Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) von Milo Djukanovic und der kleineren Sozialdemokratischen Partei (SDP) bestehende Regierungskoalition hatte DPS-Spitzenfunktionär Filip Vujanovic als ihren Präsidentschaftskandidaten nominiert. Der Wahlsieg im ersten Urnengang war nach den Erfolgsergebnissen des Regierungsbündnisses bei der Parlamentswahl so gut wie vorprogrammiert. Die Boykottentscheidung der Opposition dürfte der Regierungskoalition einen Strich durch die Rechnung ziehen. Das Regierungsbündnis hatte bei der Parlamentswahl 167.000 Stimmen bekommen, die Oppositionskoalition dagegen 153.000. Um den Wahlsieg von Vujanovic am 22. Dezember zu sichern, müssten sich am Urnengang entsprechend der Gesetzesbestimmung, die eine 50-Prozent-Wahlteilnahme vorschreibt - knapp 230.000 Wahlberechtigte beteiligen. Die Anzahl der Wahlberechtigten beträgt insgesamt rund 460.000 Wähler. Wahlboykott diene nur Vorbeugung von weiterem Stimmenverlust Bei der Stichwahl, kommt es überhaupt dazu, ist die Wahlteilnahme nicht mehr vorgeschrieben. Der Leiter des Zentrums für Regional- und Sicherheitsstudien in Podgorica, Miodrag Vlahovic, hat den angekündigten Wahlboykott mit der politischen Schwäche des proserbischen Parteienlagers begründet. Auch nach Ansicht von Spitzenfunktionären des Regierungsbündnisses will die Oppositionskoalition durch den Wahlboykott nur einem weiteren Stimmenverlust vorbeugen. Es gilt nämlich als so gut wie sicher, dass der potenzielle Präsidentschaftskandidat der Opposition, SNP-Führer Predrag Bulatovic, weniger Stimmen als die Koalition bei der Parlamentswahl bekommen würde. Sollen die Präsidentschaftswahlen scheitern, so ist gesetzlich kein Termin für ihre Wiederholung festgelegt. Gemäß der Verfassung liegen wichtige Kompetenzen allerdings beim Ministerpräsidenten. Diesen Posten wird allerdings erneut von der langjährigen Leitfigur der montenegrinischen politischen Szene - Milo Djukanovic - bekleiden. (APA)