Wien - Die Bausparkassen leiden unter der massiven Nachfrage der Österreicher nach zinsgünstigen Fremdwährungsfinanzierungen für den Wohnbau. Die Finanzierungsleistung der fünf Bausparkassen wird heuer um 26 Prozent auf 2,3 Mrd. Euro zurückgehen, sagte der Chef der S-Bausparkasse Josef Schmidinger am Mittwoch. Allein bei seinem Institut nahm die Finanzierungsleistung um zehn Prozent auf 900 Mio. Euro ab. Im Jahr 2000 erreichte die Finanzierung der Bausparkassen noch den Rekordwert von 3,1 Mrd. Euro."Die Entwicklung, dass fast 50 Prozent der Neufinanzierungen, also 46 Mrd. Euro, in fremder Währung erfolgen, ist ganz sicher nicht normal", konstatierte Schmidinger, der darauf verwies, dass Österreich im Euroraum bei den Yen-Finanzierungen einen Marktanteil von 40 Prozent hat und bei den Schweizer-Franken-Finanzierungen 30 Prozent. Und das, obwohl auf Österreich im Euroraum nur drei Prozent des gesamten Kreditvolumens entfallen. Zinsproblematik Eine Lösung für das Dilemma hat Schmidinger auch nicht parat, zumal die Sparleistung sowohl bei der S-Bausparkasse als auch insgesamt heuer unverändert hoch bleibt. Während in Hochzinsphasen die maximale Darlehenshöhe von sechs Prozent ein Segen ist, leben die Bausparkassen in Zeiten niedriger Zinsen im ständiger Konkurrenz zu den klassischen Bankfinanzierungen. Laut Schmidinger hätten die Fremdwährungsfinanzierungen durchaus ihre Berechtigung; die Frage sei nur, wer die Haftung für den Fall übernimmt, dass am Ende der Laufzeit eine Nachschusspflicht besteht. Denn oft sind es nicht die Banken, die Kredite in fremder Währung verkaufen. Sollte am Donnerstag wie erwartet die Europäische Zentralbank die Zinsen senken, werde auch die S-Bausparkasse mitziehen, kündigte Schmidinger an: Bei einer EZB-Senkung um 50 Basispunkte wird der Zinssatz für Sofortfinanzierungen um 35 Basispunkte auf 4,35 Prozent (gemessen an der Darlehenssumme) reduziert. Bei einer Rücknahme der Euro-Zinsen von derzeit 3,25 Prozent um 25 Basispunkte wird die S-Bausparkasse um 20 Basispunkte auf 4,50 Prozent zurückgehen. Renaissance In wirtschaftlich unsicheren Zeiten, in denen die Aktienkurse zum Teil unter ihren buchmäßigen Substanzwert fielen, die Banken mit erheblichen Problemen kämpfen und die Konjunktur lahmt, sei es "zu einer wunderbaren Renaissance des Bausparens gekommen". Allein bis Ende November hat die S-Bausparkasse um 7,5 Prozent mehr Bausparverträge (232.000) abgeschlossen als im Vorjahr. Die Bausparförderung, die heuer bis zu 1000 Euro Einzahlung noch 4,5 Prozent bringt, wegen des gesunkenen Zinsniveaus im nächsten Jahr nur noch vier Prozent, hat den Finanzminister im Vorjahr nur 140 Mio. Euro gekostet. An der Wohnbauförderung sollte nach Ansicht Schmidingers nicht gerüttelt werden, da die Baubewilligungen bereits unter 40.000 gesunken sind und damit das Niveau von 1990 erreichten. Angesichts der kommenden Ost_erweiterung sei dieser Wert eindeutig zu wenig, zumal es bei den gemeinnützigen Bauträgern bereits jetzt wieder Wartelisten gebe. (cr, DER STANDARD, Printausgabe 5.12.2002)