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Die wirtschaftspolitische Kompetenz der Grünen wird von Industriellen-Generalsekretär Lorenz Fritz stark angezweifelt. Eine tiefe Kluft sieht er aber auch zwischen Schwarz und Rot. Die ÖVP hätte da rechtzeitig "Verletzungen ausräumen" müssen. Mit Fritz sprach Martina Salomon.

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STANDARD: In der ÖVP mehren sich die Stimmen für Schwarz- Grün. Was halten Sie davon?

Fritz: Vor der Wahl habe ich gesagt, am liebsten wäre uns die Fortsetzung der jetzigen Regierung. Nur schaut es danach im Sinne einer politischen Stabilität der FPÖ nicht aus. Die nächstbeste Lösung ist Schwarz-Rot. Politische Begründung: Die SPÖ kann sich als Juniorpartner in einer Regierung besser erneuern als in der Opposition.

STANDARD: Wird man als Juniorpartner nicht zertrümmert?

Fritz: Durch eine Periode wird man nicht zertrümmert.

STANDARD: Aber gut ist es der ÖVP dabei nicht gegangen.

Fritz: Na, entschuldigen Sie, wenn man das drei Jahrzehnte macht: Logo! Das hat die SPÖ ja nicht vor, nehme ich an.

STANDARD: Sehen Sie noch eine Chance für Schwarz-Blau?

Fritz: Wenn die FPÖ auf das Wahlergebnis nicht reagieren will, dann will sie auch nicht regieren.

STANDARD: Haider müsste sich aus allen politischen Funktionen zurückziehen?

Fritz: Das ist in diesem Land eh schon allgemeiner Hausverstand.

STANDARD: Die Grünen stehen auf ihrer Prioritätenliste offenbar ganz unten?

Fritz: Die Grünen könnte es so zerreißen, wie es die FPÖ zerrissen hat!

STANDARD: Inhaltlich ist man zu weit auseinander?

Fritz: Ich fürchte ja, aber vielleicht ergeben die Gespräche etwas anderes.

STANDARD: Wo wären die Knackpunkte?

Fritz: Zum Beispiel in der Sicherheitspolitik. Nur der Herr Voggenhuber (grüner EU-Abgeordneter, der für die Beistandspflicht eintritt, Anm.) ist durch seine europäische Tätigkeit inzwischen vom Saulus zum Paulus geworden. Die Grünen müssten aber auch erkennen, dass Wirtschaft mehr ist als die Ökologisierung des Steuersystems. Für die Grünen kommt der Strom aus der Steckdose, und daher brauchen wir keine Wirtschaftspolitik! Dann müssten sie noch bei ihrer Sozialoffensivromantik über den Schatten springen: Was aber geben sie dann ihrer Klientel? Das wird nicht einfach!

STANDARD: Sie glauben also nicht daran?

Fritz: Zu versuchen ist jetzt alles. Denn ich sehe auch die Schwierigkeiten bei Schwarz- Rot. Alfred Gusenbauer will die SPÖ modernisieren, kriegt das in seiner Partei aber nicht durch - nicht einmal bei Bürgermeister Häupl, geschweige denn bei Gewerkschaftern. Kann er überhaupt halten, was man sich jetzt mit ihm ausmacht? Umgekehrt gibt’s - muss man fairerweise sagen - auch Verletzungen aus der letzten Legislaturperiode. Die sind von der ÖVP leider nicht ausgeräumt worden.

STANDARD: Was hätte die ÖVP tun sollen?

Fritz: Wenn Bundeskanzler Schüssel gewollt hätte, dann hätte er Wege finden können. In der Sache war die Wende aber hochnotwendig. Schüssel ist sicher nicht nur der eiskalte Machtmensch, als den man ihn gern abtut. Aber ein Landesvater . . . Na ja, vielleicht in vier Jahren.

STANDARD: Was halten Sie von einer Minderheitsregierung?

Fritz: Schüssel wird sich um eine Koalition bemühen. Wenn nichts geht, dann gibt’s halt irgendwann Neuwahlen.

STANDARD: Was brächte das?

Fritz: Den Klärungsprozess in einer der beiden Parteien: SPÖ oder FPÖ. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.12.2002)