Für die "Murinsel", einem Flaggschiff der Kulturhauptstadt Graz 2003, gibt es bisher kein Nachnutzungskonzept. Ein erster Vorschlage ist, das Designer-Eiland für Surfer zu adaptieren Graz - Noch in den 50er-Jahren gingen Grazer im Sommer in die Mur baden. Doch es folgten über 40 Jahre, in denen der Fluss, der Graz halbiert, wegen seiner miesen Wasserqualität völlig ignoriert wurde. Seit wenigen Jahren gilt das Wasser der Mur nun wieder als trinkbar, und der Fluss wird als vielseitiger Lebensraum wiederentdeckt: Zuerst kamen die Fische zurück, bald Wassersportler jeder Art - im vergangen Mai fand sogar eine Kajak-WM im Stadtzentrum statt - dann die Flaneure auf der neu gestaltenten "Murpromenade". Als vorläufiger Höhepunkt wird dieser Tage ein Designer-Eiland im Fluss zusammengebaut, dass der New Yorker Architekt Vito Acconci entworfen hat. Letzteres ruft nun die wahlkämpfende rote Jugend auf den Plan. Die 21-jährige Adeleh Al-Tikriti, die auf dem Listenplatz zehn für die Grazer SP in den Gemeinderatswahlkampf zieht, will die Acconci-Insel nach dem Kulturhauptstadtjahr 2003 in ein "Jugend-und Funsportzentrum" umfunktionieren. Die "Murinsel" war bisher nicht unumstritten. Während selbst Kritiker zugaben, dass die fünf Millionen Euro teure aufgeklappte Muschel schön oder zumindest interessant aussehe, machten sich selbst Befürworter Gedanken ob der Nachhaltigkeit des ehrgeizigen Projektes. Bleibt die Murinsel bloß ein Amphitheater, in dem Zuschauer vom beständigen Flussrauschen beschallt werden, mit einer schwimmenden Filiale der Kaffeehauskette "Sorger", scheint ihre Zukunft für viele nicht gesichert und ihr Preis nicht gerechtfertigt. Doch ein offizielles Nachnutzungskonzept ließ bisher auf sich warten. Eine Kerbe, in die kurz vor den Grazer Gemeinderatswahlen im Jänner natürlich noch jemand schlagen musste. Gemeinsam mit "Lemur", einem Projekt zur Förderung der Jugend- und Funsportkultur in Graz, präsentierte Al-Tikriti die Initiative "Acconci goes Lemur". Web- und Wellensurfer Gemeinsam mit "Murbreak", einem Verein zur Förderung der Surfkultur in Graz, will man die schicke Insel zum Jugendzentrum mit gratis Internetcafé, Wassersportangeboten und Auftritts- und Ausstellungsflächen für junge Künstler machen. Al-Tikriti ist zuversichtlich: "In nur einer Woche haben wir schon 500 Unterschriften für das Jugendzentrum gesammelt." Diese wurden am Freitag dem Spitzenkandidaten der SP Graz, Stadtrat Walter Ferk, übergeben. "Murbreak" will indes Rafting, Surfschnupperstunden und Bootsausflüge in den Murauen sowie eine Internationale Surf-Competition organisieren. Die Wassersportler haben auch ein Herz für Tiere: Neben der Sanierung der künstliche Walze für Surfer unter der Hauptbrücke fordern sie eine verbesserte Fischtreppe, die das Laichen der Fische ermöglichen soll. (DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.12.2002)