Prag - In Tschechien droht zwei Monate vor dem Abschied von Präsident Vaclav Havel (66) die auf den 15. Jänner 2003 datierte Wahl eines Nachfolgers an einer Blockadehaltung der Parteien zu scheitern. Vertreter der Christdemokraten (KDU-CSL) und der Liberalen (US-DEU) erklärten am Sonntag, sie wollten den Kandidaten ihres sozialdemokratischen Koalitionspartners CSSD, Jaroslav Bures (48), nicht unterstützen. Der frühere Justizminister war am Samstag von der CSSD als Kandidat für die Wahl des Staatsoberhaupts nominiert worden. Die beiden kleineren Koalitionspartner der Sozialdemokraten werfen Bures unter anderem seine dreijährige Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei vor der politischen Wende von 1989 vor. "Der Nachfolger von Havel sollte nicht mit dem damaligen Regime in Verbindung stehen", sagte der Liberalen-Vorsitzende Ivan Pilip am Sonntag. Die Liberalen und die Christdemokraten wollen nun möglicherweise eigene Kandidaten nominieren, deren Chancen aber auf Grund der Mehrheitsverhältnisse in beiden Kammern des Parlaments ebenfalls gering sein dürften. Bures: Wenig Aussicht auf Erfolg In Tschechien wird das Staatsoberhaupt während einer gemeinsamen Sitzung des Abgeordnetenhauses und des Senats gewählt. Unmittelbar nach der Wahl von Bures beauftragte der 190 Mitglieder starke CSSD-Exekutivausschuss am Samstag Innenminister Stanislav Gross, bei den übrigen Parteien um Unterstützung für die Wahl im Jänner zu werben. Bures dürfte aber auch bei der Opposition wenig Aussicht auf Erfolg haben: Sowohl die Bürgerpartei (ODS), als auch die Kommunisten (KSCM) wollen eigene Kandidaten ins Rennen um die Präsidentschaft schicken. Nach der Nominierung von Bures traf Regierungschef Vladimir Spidla (CSSD) am Samstagabend mit Havel zu Beratungen über die Pattsituation zusammen. Der seit Dezember 1989 amtierende Havel kann aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mehr kandidieren. Sollte die Wahl am 15. Jänner ergebnislos verlaufen, könnte es zwei Wochen später zu einer zweiten Runde kommen. Derzeit wird in den Parteien aber auch über eine Verfassungsänderung hin zu einer Direktwahl durch das Volk diskutiert. Da diese nach Ansicht von Rechtsexperten erst im Sommer stattfinden könnte, wäre Tschechien einige Monate ohne Präsident. Die Präsidentenvollmachten würden in diesem Fall zum Teil auf den Parlamentspräsidenten, zum Teil auf den Regierungschef übergehen. (APA/dpa)