SP-Chef setzt Ultimatum für Regierungsgespräche und schließt Parallelverhandlungen aus
Redaktion
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Wien - "Die ÖVP muss sich entscheiden, was sie will: Entweder eine kleine Koalition mit Grünen oder FPÖ. Oder eine große Reformkoalition mit uns." SP-Chef Alfred Gusenbauer versucht, bei den Gesprächen mit der ÖVP aufs Tempo zu drücken.
Rückendeckung bekommt er vom Parteipräsidium, das am Dienstag beschlossen hat, keine Parallelverhandlungen der ÖVP zu akzeptieren: Sollte die ÖVP nach den Sondierungsgesprächen noch eine Koalition mit der SPÖ anstreben, dann müsse sie das auch deutlich sagen: "Wir werden nicht an parallel laufenden Verhandlungen teilnehmen." Jedenfalls sollte sich die ÖVP noch vor Weihnachten entscheiden, fordert Gusenbauer nachdrücklich.
Nach wie vor unverzichtbar sei der "Kassasturz": Je früher die ÖVP die benötigten Unterlagen vorlege, umso früher könne man weiterverhandeln. Das 200 Seiten umfassende Papier, das VP-Vizechefin Elisabeth Gehrer der SPÖ kommende Woche nach Vorliegen der neuesten Wirtschaftsdaten übergeben will, soll Gusenbauer noch nicht zu Gesicht bekommen haben. Er blicke "diesem Kompendium schon mit Freude entgegen", so der SP-Vorsitzende.
Die ÖVP habe nun die Wahl zwischen einer Koalition mit rund 51 Prozent und einer mit mehr als 80 Prozent der Mandate, sagte Gusenbauer. Die Frage sei, ob es der ÖVP nur um das Regieren oder tatsächlich um große Reformen für das Land gehe. Im zweiten Fall wäre die SPÖ gern bereit, Regierungsverhandlungen zu beginnen.
Wichtig seien der SPÖ vier Reformprojekte, meinte Gusenbauer: eine Bundesstaatsreform, mit der die Verwaltung neu gestaltet werde, ein Umbau des Pensionssystems auf Basis des Umlageverfahrens, die Erneuerung des Gesundheitssystems, das allen Österreichern unabhängig von deren Einkommen das höchstmögliche Maß an medizinischer Versorgung garantiert, sowie eine Reform des Bildungswesens mit dem Ziel, in Europa Platz eins einzunehmen.
Die ÖVP will sich nicht drängen lassen und "mit allen Parteien weiter verhandeln", antwortete Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat. Derzeit würden noch bei allen Unsicherheiten über den künftigen Kurs bestehen. Bevor es diesbezüglich nicht Klarheit gebe, könne sich die ÖVP auch nicht für eine Partei entscheiden. Gusenbauer sei gesagt, dass man Reformen am besten als Regierungspartei in Angriff nehmen kann und nicht in der Opposition, betonte Rauch-Kallat: "Schade wäre es, wenn sich eine Partei schon zu Beginn der Gespräche selbst aus dem Spiel nimmt."
FPÖ-Klubobmann Karl Schweitzer meinte, mit der SPÖ seien große Reformen sicher nicht möglich: "Gusenbauer betreibt wieder einmal Luftblasenpolitik." (kob/DER STANDARD, Printausgabe, 11.12.2002)
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