Ökologie
Galicischer Küste droht noch größere Ölpest
14 Risse im Wrack der "Prestige" - Aznar verteidigt Katastrophenmanagement seiner Regierung
Der galicischen Küste droht eine
noch größere Ölpest. Wegen des starken Seegangs und der zunehmenden
Verdünnung des Schmierstoffs nähere sich ein neuer Ölteppich
"möglicherweise" derzeit dem Festland, teilte die galicische
Regionalregierung am Dienstag auf ihrer Internet-Seite mit. Das
meteorologische Institut der Region sagte für den Nachmittag
ungünstige Wetterverhältnisse mit Westwinden voraus."Alles Menschenmögliche getan"
In Vigo versuchten Hochseefischer trotz starken Wellengangs, mit
ihren Booten kleinere Öllachen einzusammeln. Die Spezialschiffe
konnten bei der unruhigen See nicht auslaufen.
Der spanische Ministerpräsident Jose Maria Aznar verteidigte
unterdessen das vielfach kritisierte Katastrophenmanagement seiner
Regierung. Es sei zwar möglich, dass Fehler gemacht worden seien,
doch habe Madrid "alles Menschenmögliche getan", um die Situation in
den Griff zu bekommen, sagte er am späten Montagabend im spanischen
Fernsehen. Bei der Ölpest handle es sich um "die größte
Umweltkatastrophe", die Spanien jemals erlebt habe. Kein Land sei auf
so etwas vorbereitet.
Wrack verliert täglich 125 Tonnen Scheröl
Dass er selbst bisher nicht in die Katastrophenregion reiste,
begründete Aznar mit einer anderen Prioritätensetzung. Es sei ihm
wichtiger gewesen, "die nützlichsten Dinge" im Kampf gegen die Ölpest
zu tun, als für ein werbewirksames Foto nach Galicien zu fahren.
Einen Besuch werde er "so bald wie möglich" unternehmen. Ein Datum
stehe aber noch nicht fest.
Die "Prestige" verliert nach Angaben der spanischen Regierung 125
Tonnen Schweröl am Tag. Wie der stellvertretende Ministerpräsident
Mariano Rajoy in La Coruna mitteilte, entweichen aus dem Bug des
havarierten Tankers etwa 80 Tonnen und aus dem Heck etwa 45 Tonnen
Öl. Dies hätten die Tauchgänge des französischen Spezial-U-Boots
"Nautile" zu dem Wrack in 3.500 Meter Tiefe ergeben.
Dies ist ein Vielfaches der Menge, welche die Wissenschafter bisher
zu Grunde gelegt hatten. Manche Experten hatten eine Menge von nur
0,3 Tonnen, andere von höchstens 40 Tonnen pro Tag genannt.
Eine erste Auswertung der Untersuchungen der "Nautile" ergab laut
Rajoy, dass das Wrack insgesamt 14 Risse aufweise. Das aus den Tanks
strömende Öl brauche einen Tag, bis es an die Oberfläche gelange. Die
Ölbekämpfungsschiffe könnten immer weniger ausrichten, sagte Rajoy.
Auf der Meeresoberflächen trieben nicht mehr dicke Schichten von Öl.
Die Ölteppiche bestünden nur noch in einem relativ dünnen Film, den
die Spezialschiffe kaum aufsaugen könnten.
Der mit 77.000 Tonnen Schweröl beladene Tanker "Prestige" war
Mitte November vor der galicischen Küste leck geschlagen und wenige
Tage später gesunken. Aus seinem Rumpf traten bereits Tausende Tonnen
Öl aus. (APA/AFP/dpa)