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Foto: REUTERS/Herwig Prammer
Wien - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hält an der österreichischen Forderung nach einer Lösung der Transitproblematik fest. Einen Tag vor dem EU-Erweiterungsgipfel in Kopenhagen sagte Schüssel am Mittwoch in Wien: "Ich blockiere nicht". Er sei überzeugt, dass "wir am Ende des Tages in Kopenhagen ganz sicher zehn neue EU-Mitglieder haben werden". In Zusammenhang mit dem tschechischen Atomkraftwerk Temelin betonte Schüssel, ein "Zugang" zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) sei für Österreich "absolut unverzichtbar". Zur Lösung des Transit-Streits wäre es am einfachsten, "wenn wir eins zu eins das nehmen, was wir schon Laeken akzeptiert haben". Die EU-Kommission hatte nach dem Gipfel der Union von Laeken im Dezember 2001 vorgeschlagen, das bis Ende 2003 geltende Ökopunkte-System ohne Fahrtenobergrenze (108 Prozent-Klausel) um maximal drei weitere Jahre zu verlängern. Die Ökopunkte sollen dabei für ganz Österreich gelten. Einzelne Mitgliedsstaaten wie Deutschland und Italien erheben dagegen Einwände. So verlangt Berlin, dass die Hörbranz-Strecke durch Vorarlberg von der Ökopunkte-Regelung ausgenommen werden soll. Schüssel: Österreich wird sich "nicht einfach abwimmeln lassen" Schüssel trat dem Eindruck entgegen, Österreich würde auf dem EU-Gipfel in Kopenhagen neue Forderungen stellen. "Das, was wir schon einmal zugesagt bekommen haben, muss umgesetzt werden." Dies sei keine Frage der Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Rat. Österreich werde sich in Kopenhagen "nicht einfach abwimmeln lassen". Die Lösung der Transitproblematik sei langfristig nicht nur im österreichischen, sondern im gesamteuropäischen Interesse, so gäbe es seit etwa einem Jahr starke Unterstützung Frankreichs in dieser Frage. Der Bundeskanzler widersprach EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen, der am Vortag nach dem Scheitern der Beratungen der Außenminister in Brüssel betont hatte, dass vorläufig abgeschlossene Verhandlungskapitel bei der EU-Erweiterung nur von allen Mitgliedsstaaten wieder geöffnet werden könnten. Es gelte vielmehr das Prinzip, wonach bis zu einer endgültigen Vereinbarung zu allen Fragen alles offen bleibe, sagte Schüssel. Österreich habe immer eine Lösung im Transitstreit als Voraussetzung für den Abschluss des Verkehrskapitels geltend gemacht: "Niemand kann sagen, wir haben hier nicht mit offenen Karten gespielt." Schüssel lässt genaue Verhandlungsposition offen Seine genaue Verhandlungsposition in Kopenhagen ließ Schüssel vor der Presse offen. Er ließ aber erkennen, dass Österreich bei einem gleichwertigen Ersatz für den derzeitigen Transitvertrag auch für neue Lösungsansätze offen sein könnte: "Wir brauchen keinen neuen Ökopunkte-Vertrag, wenn wir die Freiheit haben, eine Tarifierung unserer Verkehrswege so vorzunehmen, dass wir eine Steuerung haben." Wenn einzelne Staaten eine andere Regelung als den Vorschlag der EU-Kommission wollten, werde man auf dem Kopenhagener Gipfel aber "substanziell verhandeln müssen". Zum tschechischen Atomkraft Temelin beharre Österreich auf der Umsetzung der unter Mitwirkung der EU-Kommission geschlossenen Vereinbarungen. Es handle sich dabei um Kompromisse, die auch in Österreich nicht widerspruchsfrei geblieben seien. Ihre Umsetzung sei auch eine frage der politischen Glaubwürdigkeit. Die Verankerung des Melker Protokolls im EU-Beitrittsvertrag Tschechiens sei sowohl von der EU-Kommission als auch den anderen Mitgliedsstaaten akzeptiert worden. Die nun vorgebrachte österreichische Forderung enthalte daher "keine neuen Elemente". Auf die Frage, ob Schüssel den Streit um das Melker Protokoll mit dem Abschluss der Erweiterungsverhandlungen in Kopenhagen junktimieren werde, sagte der Bundeskanzler: "Ich hoffe sehr, dass der gemeinsame Geist zu einer Lösung zu kommen, überwiegend ist. Wir lizitieren ja nicht. Wir beharren schlicht und einfach darauf, dass Beschlüsse, die gemeinsam getroffen wurden, gemeinsam umgesetzt werden." Positiv äußerte sich Schüssel zu dem verbesserten Angebot der dänischen Ratspräsidentschaft an die Beitrittsstaaten. Die vorgesehenen Mittel blieben unter dem Finanzrahmen der Agenda 2000 und lägen um etwa 900 Millionen Euro über den Beschlüssen des Gipfels von Ende Oktober in Brüssel. Schüssel sprach von einer "vernünftigen Kosten-Nutzen-Relation". Werde der dänische Vorschlag akzeptiert, würde die Erweiterung jeden Bürger der Union nicht mehr als 25 Euro kosten.(APA)