Wien - Die Pensionsreform-Kommission wird am Donnerstag einen Bericht zu einer radikalen Reform des Pensionssystems vorlegen. Hier die Kernpunkte:
  • Künftig soll jeder bis zum 65. Lebensjahr (oder bis zur Erreichung von 45 Beitragsjahren) arbeiten - sonst gibt es kräftige Abschläge auf die Pensionshöhe. Wer seine Alterspension (wie derzeit üblich) mit 61,5 Jahren antritt, muss Abschläge von rund einem Viertel auf die Pensionshöhe hinnehmen.
  • Die Grundlage für die Pensionsberechnung werden nicht mehr die 15 besten (in der Regel: die letzten) Jahre des Aktivbezugs sein, sondern es wird eine Durchrechnung über den gesamten Zeitraum des Erwerbslebens oder jedenfalls die 40 besten Jahre geben. Die derzeitige Regelung habe eine "falsche Umverteilungswirkung", da sie Versicherte mit einem über das Berufsleben wenig schwankenden Einkommen wie etwa Arbeiter benachteiligt.
  • Die Invaliditätspension soll gänzlich neu gestaltet werden. Der Berufsschutz fällt - man wird eventuell weniger Stunden in einem anderen Beruf arbeiten müssen und dafür eine kleine Pension neben dem Erwerbseinkommen beziehen können. Künftig soll nämlich individuell entschieden werden, zu wie viel Arbeit einem Teilinvaliden zugemutet werden kann - das bedeutet, dass die Betroffenen Anspruch auf eine Teilpension bekommen, aber bis zum Erreichen des eigentlichen Pensionsalters auf ein weiteres Arbeitseinkommen (oder Teil-Arbeitslosengeld) verwiesen werden.

    Und hier hakt die Kritik der Arbeiterkammer ein. In der derzeitigen Arbeitsmarktsituation sei es nämlich weder realistisch, dass ältere Arbeitnehmer bis zum 65. Lebensjahr beschäftigt werden, noch gebe es die passenden Arbeitsplätze. Außerdem bestehen die Gewerkschaften auf dem Berufsschutz. Eine Umstellung sei also bestenfalls mittel- bis langfristig möglich, wenn es auf dem Arbeitsmarkt (durch die schwächeren Geburtenjahrgänge) zu einer Entspannung komme.

    Sechs Modelle berechnet

    Die Kommission hat insgesamt sechs Modelle berechnet, die eine Reduzierung der Bruttopensionen um bis zu 30 Prozent bringen würden. Zwei Modelle basieren auf dem System der Durchrechnung. Bei einem wurde nur der Bemessungszeitraum auf 45 Jahre ausgedehnt. Bei Arbeitern sinkt damit die Netto-Ersatzrate von über 80 auf etwas mehr als 65 Prozent, bei Angestellten von 78 auf etwas über 60 Prozent.

    Beim zweiten Modell wird zudem auch der Steigerungsprozentsatz von zwei auf 1,7 Prozent reduziert, die dreiprozentige Abschlagsregelung pro Frühpensionsjahr verschärft und ein Lebenserwartungsfaktor eingebaut. Dabei sinkt die Nettoersatzrate bei Arbeitern von über 80 auf 78 (Männer) bzw. 75,4 Prozent (Frauen), bei Angestellten von 78,5 bzw. 78 auf 73,3 (Männer) bzw. 68,6 Prozent (Frauen).

    Die Bruttopensionen sinken beim ersten Modell im Schnitt um 20 Prozent, beim zweiten deutlich weniger. Vier weitere Modelle wurden auf der Basis von Pensionskonten berechnet. Dabei ergibt sich die Höhe der Pension ausschließlich auf Grundlage der für den Versicherten einbezahlten Beiträge, für jeden Versicherten wird ein virtuelles Pensionskonto geführt, aus dem er seine Pensionshöhe ersehen kann. Auch bei diesen Modellen sinken die Nettoersatzraten von derzeit um die 80 Prozent auf Werte knapp über 70 Prozent bis 54,2 Prozent. Die Bruttopensionen würden zwischen 7,6 und 30,6 Prozent geringer.

    (cs, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 11.12.2002)