Irak
Türkei erwägt Referendum über Beteiligung an Irak-Krieg
Erdogan: Volk soll wenn nötig entscheiden
Ankara/Washington - Der Chef der türkischen
Regierungspartei AKP, Recep Tayyip Erdogan, hat ein Referendum für
die Teilnahme seines Landes an einem Irak-Krieg als möglich
bezeichnet. Zwar sollten in Demokratien derartige Entscheidungen im
Parlament getroffen werden, zitierte die türkische Nachrichtenagentur
Anadolu Ajansi Erdogan am Mittwoch. Aber wenn es sein müsse und
zeitlich möglich sei, solle auf das Volk zugegangen und nach seiner
Meinung gefragt werden. Der Chef der Gerechtigkeits- und
Aufbruchspartei (AKP) war auf dem Weg von den USA zum EU-Gipfel in
Kopenhagen. Die US-Regierung rechne mit breiter Unterstützung der Türkei im
Falle eines Militärschlags gegen den Irak, verlautete nach einem
Gespräch von AKP-Chef Erdogan mit US-Präsident George W. Bush in
Washington. Erdogan habe zwar keine konkreten Zusagen gemacht, aber
seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert, schrieben
US-Zeitungen am Mittwoch.
Bush habe absichtlich keine konkreten Zusagen eingefordert, weil
er sich der prekären Lage Erdogans im Hinblick auf die öffentliche
Meinung in der Türkei bewusst sei. Bei einer Meinungsumfrage des
amerikanischen PEW Research Centers hatten sich vor kurzem 83 Prozent
der Türken dagegen ausgesprochen, den USA im Falle eines Irak-Kriegs
die Nutzung türkischer Luftwaffenstützpunkte zu erlauben.
Die US-Regierung biete dafür die schrittweise Schulden-Erlassung
für Militärlieferungen in Höhe von fünf Milliarden Dollar an,
berichtete die "Washington Post". Zudem sollen türkische Produkte
bevorzugt in die USA exportiert werden dürfen. Außerdem garantiere
Washington, dass die Türkei weiterhin Unterstützung des
Internationalen Währungsfonds (IWF) erhält. Der IWF hatte Ankara im
vergangenen Jahr wegen der schweren Wirtschaftskrise einen Kredit im
Umfang von 16 Milliarden Dollar gewährt. Und vor allem setzen sich
die US für einen EU-Beitritt der Türkei ein.
Die USA hatten für den Fall eines Kriegs gegen den Irak von den
NATO-Mitgliedsstaaten logistische, finanzielle und militärische Hilfe
erbeten. Das NATO-Mitglied Türkei lehnt jedoch einen Militäreinsatz
gegen seinen südlichen Nachbarn bisher ab. Ankara fürchtet eine
regionale Destabilisierung und schädliche Auswirkungen auf die
Wirtschaft. Die türkische Regierung hat zudem Angst, nach einem Krieg
könne ein unabhängiger Kurdenstaat in Nord-Irak entstehen. Dies
könnte nach Ansicht Ankaras auch die Hoffnungen der Kurden in der
Türkei auf einen eigenen Staat beflügeln, den Ankara strikt ablehnt. (APA/dpa)