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Wien - "Eine Aufstückelung der ÖBB in mehrere eigenständige Gesellschaften unter einer Steuerungsholding wäre der Beginn des Abverkaufs der Bahn. Das können wir nicht zulassen, weil es Österreich schaden würde", sagte der Chef der Eisenbahnergewerkschaft, Willi Haberzettl, dem STANDARD. "Dann stehen die Räder still." Haberzettl bezieht sich auf einen siebenseitigen Gesetzentwurf, der im Infrastrukturministerium niedergeschrieben wurde und nach Angaben aus dem Büro von Minister Mathias Reichhold (FPÖ) den Stand der Bahnreform-Diskussion nach der Sommerpause zusammenfasst. Der Entwurf, der dem STANDARD vorliegt, sieht die Schaffung einer ÖBB-Holding AG vor, die zu hundert Prozent dem Bund gehören soll. Unter dieser Steuerungsebene sollten "jedenfalls fünf Geschäftsfelder" in rechtlich selbstständige Kapitalgesellschaften übertragen wären, nämlich Absatz (Personen-und Güterverkehr), Infrastruktur (Betrieb und Erhaltung des Schienennetzes), Bau und Planung (samt Schienenfinanzierungsgesellschaft Schig und der für den Schienenausbau zuständigen HL-AG), Personalmanagement und Immobilien. Die Umstrukturierung soll bis Ende 2004 abgeschlossen sein, das Gesetz Anfang 2003 in Kraft treten. "Das ist ein Beamtenentwurf aus dem Reichhold-Ministerium, der mit uns noch nicht akkordiert ist", sagte ÖVP-Verkehrssprecher Helmut Kukacka. "Das ist eine gute Diskussionsgrundlage, einige Punkte müssen aber sicher noch geändert werden." Welche dies seien, wollte Kukacka nicht sagen. "Das ist sicher auch ein Punkt bei den Koalitionsverhandlungen." Eines sei aber klar: "Die Bahnreform muss kommen, und zwar bald", sagte Kukacka. Am 15. März 2003 wird EU-weit der grenzüberschreitende Güterverkehr liberalisiert. Dann müsse zumindest gewährleistet sein, dass die Vergabe der Zugtrassen (das sind Zeitfenster, wann Züge auf bestimmten Streckenabschnitten fahren dürfen, vergleichbar den Slots bei Start und Landung der Flugzeuge), von einer unabhängigen Stelle vorgenommen wird und nicht mehr von den ÖBB. Im Gesetzentwurf aus dem Reichhold-Ministerium ist vorgesehen, dass die Trassenvergabe und die Einhebung der Schienenmaut künftig von einer noch zu gründenden Schieneninfrastrukturvermittlungs-Gesellschaft "Schig neu" gemacht wird. Kritik am diskutierten Vorhaben kam von SPÖ, Grünen und Arbeiterkammer. Der ÖBB-Vorstand enthielt sich eines Kommentars. (Günther Strobl, DER STANDARD Print-Ausgabe, 13.12.2002)