Europa
Wenig Überraschungen bei französischen Arbeitsgerichtswahlen
Kommunistischer Gewerkschaftsbund bestätigt - Wahlbeteiligung lag bei 32,7 Prozent
Paris - Ohne große Überraschungen haben die französischen
Arbeitsgerichtswahlen am Mittwoch den kommunistischen
Gewerkschaftsbund CGT als mächtigste Arbeitnehmerorganisation im
Lande bestätigt. Die seit 1806 bestehenden Arbeitsgerichte
("Prud'hommes") sind eine französische Besonderheit. Sie sind
paritätisch mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt, die
sich mit Arbeitskonflikten jeder Art befassen. Die Laienrichter
werden alle fünf Jahre neu gewählt. Die von Bernard Thibault geleitete CGT erhielt laut den
endgültigen Ergebnissen vom Donnerstag 32,1 Prozent der
Wählerstimmen, 0,9 Prozent weniger als beim letzten Urnengang vor
fünf Jahren. Es folgen die sozialistische CFDT mit 25,2 Prozent
(minus 0,14 Prozent) und "Force Ouvriere", die ganze 2,25 Prozent
verlor und nunmehr mit 18,3 Prozent der Stimmen erstmals unter die
20-Prozent-Schwelle sinkt.
Zugelegt haben dagegen die "kleinen" Organisationen. Die CFTC
verbesserte ihr Ergebnis um mehr als zwei Punkte und erreichte 9,7
Prozent. Mit sieben Prozent der Stimmen gewann auch die CFE-CGC mehr
als ein Prozent dazu. Besonders erfolgreich war die UNSA, die ihr
Ergebnis von 0,7 Prozent auf fünf Prozent verbesserte.
Nierige Wahlbeteiligung
Der Gegenstand aller Kommentare zu dem Urnengang war allerdings
die überaus hohe Enthaltungsrate. Von den rund 17 Millionen
Wahlberechtigten beteiligten sich nur 32,7 Prozent an der Wahl. Im
Jahre 1997 waren es noch 34,4 Prozent gewesen, und schon damals hatte
man von einem Negativ-Rekord gesprochen. "Angesichts der Zunahme der
Enthaltung kann man die Glaubwürdigkeit dieser Wahl in Frage
stellen", betonte etwa FO-Chef Marc Blondel und fügte hinzu: "Diese
Wahlen sind eine schlechte Lupe, um die Repräsentativität der
Gewerkschaften zu bewerten. Das Ergebnis vom Mittwoch wird alle jene
stärken, die den Gewerkschaftsorganisationen feindlich gesinnt sind."
CGT-Generalsekretär Thibault sprach gleich wie Blondel von
"Unregelmäßigkeiten" bei der Organisation der Wahl. "Die Bedingungen,
unter denen dieser Urnengang abgewickelt wurde, sind unserer
demokratischen Traditionen unwürdig", kritisierte Thibault. Blondel
sprach von einer "beeindruckenden Anzahl von Unregelmäßigkeiten".
Der konservative Sozialminister Francois Fillon (UMP) gab zwar zu,
dass es "schwierig" sei, die Arbeitsgerichtswahlen zu organisieren,
fügte allerdings hinzu, dass sie diesmal "besser" organisiert worden
seien als die anderen Male. "Wenn es eine bedeutende Enthaltung gab,
so kann diese teilweise durch organisatorische Schwierigkeiten
verursacht worden sein, aber das ist nicht der Hauptgrund." Premier
Jean-Pierre Raffarin erklärte sich das geringe Interesse der
Wahlberechtigten damit, dass die Arbeitsgerichtswahlen noch nicht
hinreichend bekannt seien. "Man muss diese Wahlen aufwerten, denn es
ist wichtig, dass die Gewerkschaften in einer Gesellschaft die
Interessen der Lohnempfänger vertreten können", so Raffarin. (APA)