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Roland Koch

Foto: APA/dpa/ Boris Roessler

Berlin - Der hessische Ministerpräsident Roland Koch steht wegen seines Vergleichs der heutigen Behandlung Wohlhabender mit in der NS-Zeit verfolgten Juden weiter in der Schusslinie. Die deutsche Regierung verurteilte "die Wortwahl Kochs und die Haltung, die sie zum Ausdruck bringt", wie der stellvertretende Regierungssprecher Hans Langguth am Freitag in Berlin erklärte. Er verwies aber auch darauf, dass sich der bayerische Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU) im Landtag in München mit ähnlicher Diktion zu dem Thema geäußert habe.

Der CDU-Politiker Koch hatte am Donnerstag in einer Debatte im hessischen Landtag über die Vermögensteuer gesagt, die namentliche Nennung von Wohlhabenden gleiche "einer neuen Form von Stern an der Brust". Damit hatte er Empörung und heftige Proteste ausgelöst. Im Dritten Reich hatten Juden auf der Kleidung einen "Judenstern" tragen müssen.

Vorwurf des bewussten Missbrauchs des Holocausts zu Wahlkampfzwecken

Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) warf seinem hessischen Amtskollegen einen bewussten Missbrauch des Holocausts zu Wahlkampfzwecken vor. Der Vergleich sei "zwar infam, aber keine Entgleisung", sagte Gabriel am Freitag im Landtag in Hannover. Es handele sich um "kalkulierten Missbrauch des Holocausts". Koch brauche "die Verschärfung der innenpolitischen Debatte", brauche Angst und Hysterie. Er wolle eine aufgeheizte Stimmung bis zu den Wahlen am 2. Februar aufrechterhalten, sagte Gabriel. Zudem sei Koch "Wiederholungstäter".

Michel Friedman, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und selbst CDU-Mitglied, sprach von einer unerklärlichen Entgleisung Kochs. "Wir haben immer wieder gerade bei der Jugend angemahnt, wir müssen sie erziehen, dass die Judenverfolgung im Dritten Reich einmalig war", sagte Friedman am Freitag in einem WDR-Hörfunkinterview. "Wer einen Vergleich in einer aktuellen Debatte zwischen dem Dritten Reich, der Judenverfolgung und der gegenwärtigen Politik betreibt, hat seinen Geschichtsunterricht noch vor sich." Auch Kochs Entschuldigung, er habe sich vergaloppiert, gefalle ihm überhaupt nicht, weil er nicht deutlich genug sage, dass das ein grundsätzlicher inhaltlicher Fehler war, sagte Friedman. (APA/AP/dpa)