Unternehmen
Gelbe Post tief in den roten Zahlen
Generaldirektor Wais kündigt massiven Personalabbau an: 1.455 Vollzeitkräfte müssen gehen
Wien - Die Österreichische Post AG ist im dritten Quartal
wieder in die Verlustzone gerutscht. Nachdem sich das Ergebnis der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) schon im Halbjahr 2002
gegenüber dem Vorjahreszeitraum um mehr als ein Fünftel auf 20,1 Mio.
Euro verschlechtert hatte, soll die Post dem Vernehmen nach im
dritten Quartal in die roten Zahlen gerutscht sein, hieß es
Donnerstagnachmittag aus informierten Kreisen. Für das Gesamtjahr
strebt das Unternehmen wieder Gewinne an. Privatisierungsgerüchte
Diskutiert wurden am Donnerstag auch die jüngsten
Privatisierungsgerüchte um die Post. Laut Medienberichten sollen nach
Plan von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) 75 Prozent der
heimischen Post an die Deutsche Post AG gehen. Derzeit liegen die
Pläne aber auf Eis. Die ÖIAG wartet auf eine Weisung der erst zu
bildenden neuen Regierung. Die Postgewerkschaft hat für den Fall
eines Regierungsauftrags zur Post-Privatisierung bereits Streiks
beschlossen und wollte das Thema am Donnerstagnachmittag im
Aufsichtsrat ansprechen.
Zuvor hat in der Post-Hauptversammlung (HV) der Eigentümer ÖIAG am
Donnerstagvormittag dem Aufsichtsrat bereits für den Fall eines
Anteilsverkaufs das Zustimmungsrecht entzogen. Konkret, so der Antrag
zur HV, soll jener Passus aus der Satzung der Post gestrichen werden,
wonach "die Verfügung über Aktien einschließlich der Veräußerung oder
Verpfändung ... der Zustimmung des Aufsichtsrats" bedarf.
Aus der Unternehmensführung der Post hieß es vergangene Woche
dazu, dass dies in den meisten ÖIAG-Unternehmen bereits geschehen
sei. Die Post werde lediglich an ÖIAG-Standards "angepasst". Ob
dieser Schritt mit einem möglichen Teilverkauf zusammenhänge, wollte
die Post zuletzt nicht kommentieren.
Abbau von 1.455 Stellen 2003
Generaldirektor Anton Wais gab am Donnerstag die Notwendigkeit weiterer
Restrukturierungsmaßnahmen für 2003 und voraussichtlich auch die
Jahre danach bekannt, da im Kerngeschäft Brief ein weiterer Rückgang
der Mengen zu erwarten sei. Für 2003 sei ein Mitarbeiterabbau in der
Größenordnung von 1.455 Vollzeitkräften geplant, der Aufwand für
Leasingpersonal werde durch organisatorische Maßnahmen reduziert.
Die Voraussetzung für die Realisierung der Einsparungspotenziale
werde durch eine Neuorganisation in der Zustellung ("Distribution
Neu"), eine Optimierung der Vertriebsstrukturen sowie Ausgliederung
von Wachstumsbereichen, die nicht zum Kerngeschäft gehören,
geschaffen.
Umsatzseitige Maßnahmen würden durch "Preisanpassungen" bzw. neue
Preismodelle bei Brief und Info-Mails, einen Ausbau der
Dienstleistungen im Geschäftsfeld Kurier-Express-Paket sowie durch
Optimierung des Produkt-Mix, besonders im Retail-Bereich, gesetzt.
Personalvertreter fordern Transparenz
Die Personalvertreter im Post-Aufsichtsrat haben den heute vom
Vorstand vorgelegten Personalabbauplänen nicht zugestimmt, da diese
höher als ursprünglich geplant seien. Post-General Anton Wais habe
nur von "Tempo erhöhen" gesprochen, aber nicht präzisiert, in welchen
Bereichen und zu welchen Rahmenbedingungen Personal eingespart werden
solle. Kein Thema beim heutigen Aufsichtsrat sei ein Verkauf der Post
AG an die Deutsche Post gewesen. Aufsichtsratspräsident Peter
Michaelis habe den Personalvertretern ein Schreiben übergeben, mit
dem Inhalt, dass "keine Verkaufsverhandlungen geführt wurden", in dem
aber die Deutsche Post nicht erwähnt sei.
Die ursprünglichen Abbaupläne für 2003 seien mit 898 wesentlich
niedriger angesetzt gewesen als die heute bekannt gegebenen mit
1.454. Es sei nicht klar, in welcbem Ausmaß davon Beamte oder
Angestellte betroffen seien.
Heuer habe die Post für Beamte das "Lehrermodell" übernommen. Im
Aufsichtsrat sei aber nicht besprochen worden, für welche
Bediensteten dieses Modell anzuwenden sei. Auch nicht, ob es beim
Personalabbau "Golden handshakes" oder sonstige Sozialpläne geben
soll.
Eine Streikdrohung verbinden die Personalvertreter mit den höheren
Abbauplänen nicht. Diese sei nur im Zusammenhang mit einem
allfälligen Verkauf (an die Deutsche Post) in Vorbereitung, hiefür
gebe es ein eigenes Organisationsteam. Sollte es dazu einen
Regierungsauftrag geben, werde die Personalvertretung sofort
entsprechend reagieren, hieß es Donnerstag abend zur APA.
Für das Gesamtjahr 2002 sollen die tiefroten Ergebniszahlen
"amortisiert" werden, lautet die Unternehmensplanung. Dazu hofft der
Post-Vorstand auf das Weihnachtsgeschäft, mit dem das 4.
Kalenderquartal traditionell weit besser verläuft als die Vorquartale
des jeweiligen Jahres.
Im Briefzentrum Wien (BZW), das am 1. September in Vollbetrieb
gegangen ist, arbeiten derzeit knapp 1.800 Mitarbeiter. Davon sind
1.250 "Regelpersonal" und rund 500 Leiharbeiter. "Es ist nicht
verständlich, dass man Personal abbaut und gleichzeitig so viele
Leiharbeiter hält", argumentierern die Personalvertreter.
(APA)