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Die umstrittene Flugzeugtype AWACS

Foto: APA/dpa/ Roland Weihrauch

Berlin - Der Definitionsstreit, den der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder mit seiner Zusage von deutschen AWACS-Einsätzen über der Türkei ausgelöst hat, wird heftiger. Während Regierungssprecher sich am Freitag in Berlin bemühten, den Defensivcharakter von AWACS-Missionen über der Türkei in den Vordergrund zu stellen, lehnten Kritiker den Einsatz der fliegenden Radarstationen unter Verweis auf deren Offensivpotenzial ab. Gegen Schröder wurde der Vorwurf operativer Unkenntnis erhoben. Die Grünen reagierten zwiespältig.

Regierungssprecher Hans Langguth sagte, die deutsche Position sei klar. Schröder habe sie wiederholt deutlich gemacht: Die Bündnisverpflichtungen würden eingehalten, eine Beteiligung an einem Irakkrieg gebe es nicht. Das gelte auch für den Einsatz der AWACS-Maschinen. Militärsprecher Hannes Wendroth ergänzte, in jedem Fall dienten die Aufklärungsergebnisse von AWACS dem Schutz der eigenen Truppe. Ihre Tätigkeit sei "zweifellos auch defensiv zu sehen", da ihre Aufklärung beispielsweise der Organisation der eigenen Luftverteidigung diene. Schröder hatte zuvor erklärt, AWACS-Flugzeuge seien "keine Instrumente, mit denen man operativ Krieg führen kann".

Laut "Hannoverscher Allgemeiner Zeitung" wurde dem Kanzler im Verteidigungsministerium "operative Unkenntnis" unterstellt. Unter Berufung auf einen hohen Beamten hieß es, Schröder habe unterschieden zwischen Schutzfunktionen für das Gebiet des NATO-Partners Türkei, die erlaubt sein sollen, und direkten oder indirekten Kampfhandlungen gegen Irak, an denen deutsche Soldaten nicht mitwirken sollten. Eine Trennung von militärischen Aktivitäten innerhalb einer AWACS-Maschine in politisch erwünschte und unerwünschte Operationen sei unter Einsatzbedingungen jedoch nicht möglich.

Gegen einen Kriegseinsatz deutscher Soldaten in AWACS-Flugzeugen sprach sich der stellvertretende Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Christian Ströbele, aus. Er sagte der Chemnitzer "Freien Presse", eine Zielerkennung, die mit zu den Aufgaben der Maschinen gehöre, wäre "eine Kriegsbeteiligung, die ich nicht will". Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann verlangte sogar, dass die Bundesregierung vollständig auf eine Beteiligung deutscher Awacs-Besatzungen in der Region verzichtet. Hermann sagte in einem Interview der "Stuttgarter Zeitung": "Sobald ein Irak-Krieg beginnt, müssen wir die deutschen AWACS-Besatzungen aus dem türkischen Operationsraum abziehen."

Dagegen sagte der Grünen-Politiker Volker Beck, der mögliche Einsatz von AWACS-Maschinen bei Angriffen gegen Irak sei "ein Umstand, über den man nachdenken muss". Die Türkei habe als NATO-Partner Anspruch auf den Schutz und die Unterstützung des Bündnisses, wenn sich dort die Sicherheitslage verschärfen sollte. Daher befürworte er einen defensiv orientierten Einsatz der AWACS-Maschinen unter Beteiligung der deutschen Besatzungsmitglieder, sagte Beck. Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Günther Nolting, meinte im Südwestrundfunk, deutsche AWACS-Soldaten wären während eines möglichen Irak-Krieges "auf jeden Fall Teil eines Kampfeinsatzes". (APA/AP)