Man muss kein Prophet sein, um eine todsichere Vorhersage treffen zu können: Gleichgültig, wer der nächste Koalitionspartner der ÖVP ist, er wird die Studiengebühren schlucken müssen. Auch die Kompromissvariante zeichnet sich ab: Voraussichtlich werden die (zur Einführung der Beiträge bereits erweiterten) Stipendien noch besser angepasst. Diesen "Sieg" würde ein roter oder grüner Vizekanzler erringen. Dass die SPÖ nun weiterhin trommelt, ihr Wahlversprechen halten und die Gebühren abschaffen zu wollen, ist ungefähr so ernst zu nehmen wie Alfred Gusenbauers Ankündigung, als Zweiter in Opposition gehen zu wollen. Ab 2004 sollen die Unis das Gebührengeld direkt erhalten (was überlaufenen Fächern besonders nützt). Sie haben daher kein Interesse, auf diese zusätzlichen Mittel zu verzichten. Abzüglich der schon erfolgten Stipendienerhöhung ergäbe das 93 Millionen Euro pro Jahr. Die Gebühren ärgern die Zahler, dennoch haben sie den erwarteten Effekt und führen zu schnelleren Abschlüssen. Genau spiegelverkehrt verhält es sich mit der Ambulanzgebühr. Sogar ÖVP-Gesundheitsexperten halten sie in der jetzigen Form für kompletten Schwachsinn. Eines der vielen Probleme ist, dass die Gebühreneintreiber, die Spitäler, davon nicht direkt profitieren. Außerdem wurde die Reform in mehreren Notoperationen von - sogar rückwirkenden - Ausnahmen durchlöchert. Die Verwaltung frisst daher die Einnahmen auf. 80 Millionen Euro im Jahr hätten es werden sollen. Geblieben sind Bürokratiechaos und nur sieben Millionen. Die Idee, dass Patienten mit banaleren Erkrankungen in die (billigere) Arztpraxis ausweichen sollen, lässt sich außerdem nicht verwirklichen, solange Ordinationen in der Stadt nur halbtags öffnen. Fazit: Die Ambulanzgebühr ist verhandelbar, die Studiengebühr nicht. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2002)