Washington/Potsdam - In Nordeuropa könnte es der globalen Klimaerwärmung zum Trotz deutlich kälter werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science publizierte Studie.Aufgrund der Klimaerwärmung komme es zu vermehrten Regenfällen über Europa und Asien, es fließe mehr Süßwasser ins Nordpolarmeer. Das Süßwasser hemme wiederum Ozeanströme, die bisher Wärme nach Nordeuropa bringen. Daher werde das Klima in Nordeuropa entgegen dem weltweiten Trend kühler. Die ins Nordpolarmeer gelangte Süßwassermenge habe von 1936 bis 1999 um etwa 128 Kubikkilometer (sieben Prozent) zugenommen, sagte einer der Studienautoren, Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Der Salzgehalt im Polarmeer verringere sich daher. Folgen für die Vegetation Mehr Süßwasser im arktischen Meer verringere oder verhindere das Absinken von kaltem Wasser in die Tiefen des Nordatlantik. Dies reduziere die von Temperatur und Salzgehalt der Meere abhängige globale Wärmezirkulation. Deren Ausfall, der bei gleich bleibender globaler Erwärmung etwa gegen Ende des Jahrhunderts eintrete, werde Nordeuropa deutlich abkühlen lassen. Dies habe auch gravierende Folgen für die Vegetation. Mithilfe eines Computermodells der globalen Biosphäre konnten Forscher des PIK vor wenigen Monaten ebenfalls in Science erstmals Satellitenbeobachtungen erklären, die zeigen, dass es im Norden der Erde immer grüner wird: Insgesamt habe die Vegetation in Kanada, dem nördlichen Eurasien und in Sibirien zugenommen. Der Frühling beginne immer früher, und die Vegetationszeit verlängere sich. Grund: ausnahmslos die globale Erwärmung. Bei prognostizierter Abkühlung würde die Vegetation in Nordeuropa zurückgedrängt - wenn die Erwärmung anhalte. Das werde sie, vermuten Forscher im Donnerstag erschienenen Environment News Service. Messungen der vergangenen elf Monate ließen darauf schließen, dass 2002 nach 1998 das heißeste Jahr seit Beginn der globalen Messungen 1867 werde. Mit durchschnittlich 14,65 Grad Celsius. Eine globale Erwärmung um bis zu 5,8 Grad allein in diesem Jahrhundert wird befürchtet. (dpa, fei/DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2002)