... vor der Nase wegschnappen? Oder: Was ist weiter fortgeschritten - die Fellnerisierung von "profil" oder die Profilierung von "NEWS"? Diese Woche hat eine magazingeplagte Leserschaft die Möglichkeit zu vergleichen, wer einen uralten Hut frecher vorzuführen versteht. Montag erschien - wie hier vermeldet - "profil" mit der Titelgeschichte Krieg der Sterne - Pseudowissenschaft Astrologie, gestern kam "NEWS" mit der Enthüllung auf dem Cover Der Astro-Boom - Das Geheimnis der Horoskope. Zufall oder redaktionelle Planung? Weder noch - es stand in den Sternen, die Verantwortlichen waren einem unausweichlichen Schicksal preisgegeben.

Die Leser mit ihnen. Konsumenten der Fellner-Blätter sind Opfer dieser Unausweichlichkeit. Sie hätten kein Horoskop gebraucht, um vorherzusagen, dass die Fixsternchen, die allwöchentlich in der Hefterl-Galaxis von "NEWS" über "Woman" bis "tv-media" auftauchen, auch diesmal wissen, was die Regenten hören wollen, damit es in die von ihnen zusammengeschusterte Wochenkonstellation passt.

Da weiß Dagmar Koller: "Die Prognosen für mein Sternzeichen stimmen einfach immer, daher blicke ich jeden Tag erwartungsvoll auf die Horoskopseite der Zeitungen." Wie konnte sie unter solch optimalen prognostischen Voraussetzungen nicht einmal die Explosion einer Briefbombe vorhersehen? Hans Mahr, der sich seinen Klobrillenbart sicher im 5. Haus - Kreativität und spielerische Erotik - zugelegt hat, als Mann mit weit gestreuten Interessen: "Mich interessiert das Thema Horoskop generell." Noch braver sondert Arabella Kiesbauer das Gewünschte ab. Die Starmoderatorin nimmt Astrologie als Inspiration: "Sie öffnet neue Tore für die Sinne. Was mir im Horoskop prophezeit wurde, ist bereits öfter eingetreten." Aktuelles Beispiel: Fred, der neue Traummann, wurde ihr vorhergesagt. Ohne einen Blick auf die Sterne prophezeie ich: Der neue Traummann wird demnächst in einem Fellner-Medium auftauchen. Wenn er sich nicht vorher schaudernd abwendet, nachdem er seinen TV-Darling als Bikini-Engerl in Goldstanniol auf dem dieswöchigen Titelblatt von "tv-media" vorfinden musste.

Barbara Karlich glaubt an den Zusammenhang von Sternzeichen und Charakter: "Ich liebe Horoskope und lege sie auf Kollegen um. Brillen-Schleuderer Robert Hartlauer ist ein astrologischer Boarderliner mit oa und glaubt an die Macht der Sterne ebenso wie an die von Dumping. Und Chris Lohner ist bekennender Astro-Fan: "Es gibt eine große Übereinstimmung zwischen Sternzeichen und Charakterzügen", was nur der freche Dieter Chmelar zu bestreiten wagt: "Ich glaube felsenfest, dass Skorpione liebenswert, genial und ein Gewinn für die Menschheit sind." Und ich glaube felsenfest, dass Chmelar ein Skorpion ist.

Lobenswert, dass sowohl "profil" wie "NEWS" in Zeiten der neuen Selbstständigkeit es an Anleitungen zur Sterndeuterei als Beruf, in dem man massenhaft Geld verdient, nicht fehlen lassen. Nach welchen Erklärungsmustern Astrologen vorgehen, wenn sie Horoskope erstellen, erläutert "profil" eher berufsschulmäßig trocken. Da bietet in "NEWS" die Astrologin Gerda Rogers unter dem Titel Wie die Sterne Charakter & Seele bestimmen schon mehr, sie schreckt vor einer Revolution der Sternkunde nicht zurück: 10 Planeten und 12 Häuser bestimmen unser Leben. Dass es zehn Planeten gibt, ist sogar Leuchten der Wissenschaft wie Johannes Kepler und Nikolaus Kopernikus entgangen. Mit ihrem beschränkten Horizont haben sie die Sonne noch für einen Fixstern gehalten, aber dank der Sternen-Queen wissen wir heute, dass sie auch nur ein Planet ist und um das Haus Fellner kreist.

Jetzt ein astrologisches Randgebiet. Ist eine Konstellation der Gestirne möglich, in der der nachweislich Unglück bringende Freitag, der 13. auf einen Donnerstag, den 12. fällt? Das sollte der "Kurier" seine Sterndeuterin fragen. Über ein vier Spalten breites Foto auf Seite 1 setzte er gestern den Titel Heimkehr aus Afghanistan nach zehn Monaten und drunter den Text: "Endlich wieder daheim!" hieß es Mittwoch Abend für die Soldaten des österreichischen Afghanistan-Kontingents am Flughafen Wien-Schwechat.

Manche Leser werden überrascht gewesen sein, dass der Flughafen Wien-Schwechat ein Meer ist, was immerhin erklärt, wieso dort ein Schiff landen konnte. Ungewöhnlich freilich, dass Soldaten des österreichischen Afghanistan-Kontingents heimatlichen Boden betreten, indem sie sich an einem Seil auf das Schiff herunterlassen. Warum in dieser Ungewissheit nicht auf die Astrologin des Blattes hören? Ein meditativer Tag, der den Blick auf unbewusste Sphären der menschlichen Psyche lenkt. Günstig auch für kreative Arbeiten, schrieb sie Mittwoch den Blattmachern ins Horoskop. Genug, um sie erkennen zu lassen, dass auf dem Foto spanische Soldaten nach nordkoreanischen Scud-Raketen suchen. Denn die Sterne lügen nicht.
(DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2002)