Wien - "Ich darf hier nicht schweigen. Ich kann das als Kommissionsmitglied nicht mittragen", ärgert sich der Versicherungsmathematiker Karl Kreiter, Mitglied der Pensionsreformkommission, im STANDARD-Gespräch. Der Grund für Kreiters Unmut sind die Berechnungsmodelle, mit denen im Kommissions- bericht die zukünftige Höhe der Pensionen nach den vorgeschlagenen Kürzungen (durch unter anderem längeren Durchrechnungszeitraum) ausgewiesen sind. Laut Kreiter wird dort von zu großen Gehaltserhöhungen ausgegangen: "Glauben Sie an vierprozentige Bezugserhöhungen? Ich nicht." Wenn diese Berechnungen über die Gehaltserhöhungen aber nicht stimmten, könnten in der Folge auch die Daten über zukünftige Pensionshöhen nicht stimmen. Das bedeute im Klartext: "Entweder die Nettopensionen sind nach den vorgeschlagenen Einsparungen wesentlich niedriger, als im Bericht ausgewiesen wird. Oder der Bundeszuschuss zu den Pensionen fällt deutlich höher aus. Das heißt, wenn das Modell kostentragend sein soll, also ohne höhere Bundeszuschüsse auskommen soll, droht Sozialabbau bei den Pensionen." Dieses gravierende Misstrauen gegenüber den Berechnungen von Theodor Tomandl, dem Vorsitzenden der Pensionsreformkommission, hat Kreiter auch in den Sitzungen der Kommission kundgetan. Im Endbericht Tomandls findet sich davon aber kein Wort - daher hat Kreiter offiziell eine Gegenstellungnahme zu Tomandls Bericht abgegeben, ein "votum separatum". Darin schreibt Kreiter über "mehr als optimistische" Annahmen über künftige Gehaltserhöhungen und äußert "erhebliche Bedenken" über die verwendeten Sterbetafeln. Damit seien aber die Berechnungen über die zukünftigen Pensionshöhen im Bericht anzuzweifeln. Indes scheint mittlerweile klar, dass die von der Kommission vorgeschlagene Neuregelung der Invaliditätspension die Kosten steigern könnte. Würden doch bei den drei vorgeschlagenen Modellen um 3,8 Prozent mehr Invaliditätspensionen zuerkannt werden, was die Kosten um zehn Prozent steigern würde. (Eva Linsinger/DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.12.2002)