EU
Wie Polens Wünsche im EU-Budget fast neutralisiert werden
Kopenhagen - Dass die polnischen Forderungen nach mehr
EU-Geld letztlich doch nicht die historische Erweiterung um zehn neue
Länder in Gefahr gebracht hat, verdankt der Kopenhagen-Gipfel einem
Finanzkniff aus deutscher Feder. Der erlaubt Polen einen zusätzlichen
Ausgabenspielraum von einer Milliarde Euro, ohne dass dies die alten
Mitgliedstaaten wesentlich mehr kostet. Die Nachrichtenagentur AFP
erläutert, warum mehr Geld nicht immer unbedingt teurer sein muss.DAS PROBLEM:
Um in Kopenhagen die Verhandlungen abschließen zu
können, hatte die dänische EU-Ratspräsidentschaft den Kandidaten
bereits vor dem Gipfel etwa 1,5 Milliarden Euro mehr angeboten, als
die Staats- und Regierungschefs im Oktober festgelegt hatten. Vor
allem für die Nettozahler in der Union war mit den damit erreichten
40,4 Milliarden Euro eine Obergrenze erreicht. Zudem drohten die
anderen Kandidaten ihrerseits mit Nachforderungen, sollte Polen noch
mehr Geld bekommen. Warschau zeigte sich von dieser Debatte jedoch
unbeeindruckt.
DIE LÖSUNG:
Polen wurde in Kopenhagen als frei verfügbare
Liquidität für 2005 und 2006 noch einmal zusammen eine Milliarde Euro
zugestanden. Im Gegenzug verzichtete es auf die gleiche Summe an
EU-Strukturhilfen. Es kann damit über eine Milliarde Euro frei
verfügen, für die - anders als bei Projektfinanzierungen aus den
Strukturfonds - keine nationalen Gelder zugeschossen werden müssen.
Zudem gilt die Kürzung der polnischen Strukturmittel nur für die so
genannten Verpflichtungsermächtigungen. Das sind die Gelder, über die
ein Land theoretisch insgesamt verfügen kann. Normalerweise werden
aber bei der Strukturförderung weniger Projekte realisiert als nach
Budgetplanung möglich. Die Kürzung betrifft deshalb Mittel, welche
Polen vermutlich ohnehin nur zum Teil in Anspruch genommen hätte.
DER HAKEN:
Einziger Pferdefuß an der Umschichtung ist, dass die
EU-Strukturmittel als Prozentanteil eines Gesamttopfes berechnet
werden. Da Polen eine Milliarde weniger bekommt, ist in diesem Topf
insgesamt auch weniger drin. Die Prozentsätze aber bleiben gleich, so
dass auch die neun anderen Beitrittsländer nun mit weniger Geld
rechnen müssen. Um diese Verluste auszugleichen, durfte Dänemark
ihnen noch einmal 300 Millionen Euro neues Geld anbieten. Dadurch
steigen zwar die Gesamtausgaben für die Erweiterung doch noch an.
Gemessen am Gesamtpaket und dem Erfolg, Polen doch noch zum Abschluss
zu bewegen, sei dies jedoch eine geradezu günstige Lösung, hieß es in
Gipfelkreisen.(APA)