Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder ist selbst schuld am derzeit verheerenden Erscheinungsbild der rot-grünen Regierung und der von ihm beklagten "Kakofonie". Es rächt sich das von Schröder im Wahlkampf beschworene uneingeschränkte Nein zu einer deutschen Beteiligung an einer Militäraktion gegen den Irak. Die Realität auf dem sensiblen Feld der Außen- und Sicherheitspolitik ist komplexer, als Schröder mit seiner populistischen Parole Glauben machen wollte. Deshalb löst jede Anfrage der USA einen Streit in der Koalition und hektische Aktivitäten bei der Bundeswehr aus.Denn Deutschland hat als Nato-Partner Verpflichtungen, um die es sich im Ernstfall nicht drücken kann. So sind die Awacs-Aufklärungsflugzeuge der Nato de facto nicht einsatzfähig, wenn die deutschen Soldaten, die immerhin ein Drittel des Personals ausmachen, im Falle eines Irak-Krieges tatsächlich abgezogen werden. Nicht nur Militärexperten sind ratlos angesichts der Frage, wie deutsche Soldaten in den Aufklärern über dem Nato-Partnerland Türkei eingesetzt werden können, ohne dass ihre Erkenntnisse dann möglicherweise für eine Militäraktion gegen den Irak genutzt werden dürfen. Und was soll geschehen, wenn US-Schiffe, die unterwegs sind in Richtung Irak, deutsche Marineverbände um Schutz bitten? Gilt Schröders Zusage, dass die USA ihre Militärbasen in Deutschland anfliegen und nutzen dürfen, auch im Falle einer Militäraktion ohne UN-Mandat? Die Grünen sagen dazu Nein, Schröder schweigt. Auf all diese Fragen erwarten nicht nur die Nato-Partner - allen voran die USA - eine Antwort, sondern auch die Deutschen. Denn die Nichtbeteiligung an einem Irak-Krieg war Schröders zentrales Wahlversprechen. Ein bisschen Krieg gibt es aber nicht. Seine Festlegung hat Schröder entweder aus Ahnungslosigkeit oder wider besseres Wissen getroffen. Beide Varianten lassen ihn als unsicheren Kantonisten erscheinen. (DERSTANDARD, Printausgabe, 16.12.2002)