In Deutschland funktioniert die Antikonzentrationskontrolle: Das schließt der Medienforscher Horst Röper vom Formatt-Institut in Dortmund aus der Entscheidung, Holtzbrinck die Übernahme der Berliner Zeitung zu verbieten (DER STANDARD und etat.at berichteten - siehe dazu: Berliner Zeitungsfusion gestoppt ). "Das Kartellamt hat sich gefragt: Was heißt das für den Leser, wenn Holtzbrinck in Berlin schon den Tagesspiegel hat, und ist zu einem negativen Ergebnis gekommen." Frage, wozu man ein Kartellrecht braucht Völlig anders ist die Lage in Österreich, sagt Röper im STANDARD-Gespräch. "Die Österreicher meinen, sie hätten ein Kartellrecht. Aber spätestens seit der Zulassung der Fusion im Zeitschriftenbereich ist klar, dass entweder die Spruchpraxis oder die Rechtspraxis nichts taugen. Wenn so etwas zulässig ist, dann frage ich mich, wozu man ein Kartellrecht braucht." Röper meint den so genannten "Formil"-Deal: Die längst marktbeherrschende Verlagsgruppe News konnte die Magazine des Kurier-Konzerns wie "profil" und "trend" übernehmen. Zudem durfte sich der "Kurier" an der News-Gruppe beteiligen, obwohl ihm zusammen mit der "Krone" die den Zeitungsmarkt beherrschende Mediaprint gehört. In Deutschland "wesentlich schärfer" In Deutschland sei seiner Einschätzung nach "das Instrument wesentlich schärfer", so der Leiter des Dortmunder Formatt-Instituts. "Die deutsche Kartellbehörde ist ein viel gesetzteres, sehr anerkanntes und von der Politik nicht in Zweifel gezogenes Amt." Auch wirtschaftliche Interessen würden die Kartellwächter nicht beeinflussen. Röper nannte als Beispiel die Untersagung des Verkaufs der Kabelnetze der Deutschen Telekom an den US-Investor Liberty. "Da hieß es auch, im Falle einer Untersagung würden Milliarden verloren gehen. Das hat das Kartellamt aber nicht beeindruckt." Überspitzt formuliert sei dies "eine rücksichtslose Vorgangsweise einzig mit Blick auf den gesetzlichen Auftrag ,Was bedeutet das für den Wettbewerb?'". Heftige öffentliche Debatten und strenge Auflagen Röper rechnet auch nicht damit, dass sich Holtzbrinck auf dem Gerichtsweg gegen das Kartellamt durchsetzt oder es zu einer so genannten Ministererlaubnis kommt. Seit 1945 gestattete ein deutscher Wirtschaftsminister erst siebenmal eine Fusion gegen das Votum des Kartellamts - er trägt dann auch volle politische Verantwortung dafür. Erlaubt wurde so zuletzt die Fusion der Energiekonzerne Eon und Ruhrgas. Die Entscheidungen führten stets zu heftigen öffentlichen Debatten, und die Erlaubnis wurde jeweils an strenge Auflagen geknüpft. Dass Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ausgerechnet zum ersten Mal im Medienbereich eine solche Erlaubnis erteile, hält Röper für unwahrscheinlich. "Da wird sich auch Clement nicht heranwagen." Der frühere Journalist Clement gilt als erfahrenster Medienpolitiker Deutschlands. (Alexandra Föderl-Schmid/DER STANDARD; Printausgabe, 16.12.2002)