Foto: casemodder.ngz-network

Marc Pardows Computer ist mehr als nur ein grauer Rechner für den Hausgebrauch. Er versorgt seinen Besitzer nicht nur mit Informationen, sondern auch mit kühlem Bier. Der 26 Jahre alte Kfz-Techniker hat das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden und Festplatte, Laufwerk und Prozessor einfach in einen halbgefüllten Kasten Bier eingebaut. Mit seiner abenteuerlichen Konstruktion gehört der Hannoveraner zu der wachsenden Schar von Bastlern in Deutschland, die aus ihren schlichten Rechenknechten zum Teil aberwitzige Geräte zusammenschrauben.

"Gehäuse-Umbau"

"Casemodding" nennt sich der aus den USA stammende Trend, was übersetzt ins Deutsche recht unspektakulär "Gehäuse-Umbau" bedeutet. Der Fantasie der Tüftler sind beim "Modding" keine Grenzen gesetzt. Ob eine Konstruktion mit einer alten Colaflasche den Rechner kühlt, die Simpsons aus selbst gesägten Fenstern aus dem PC schauen oder das Gehäuse komplett mit Kuh-Fell überzogen ist - "Hauptsache, der Umbau ist selbst gemacht", lautet das Credo der deutschen Computerbastler, die sich im Internet unter anderem auf der Internet-Site www.casemodder.de treffen.

Umgebaute Computer heißen im Fachjargon "Mods" (von englisch modification). "Mein Grundgedanke war, dass der PC einfach praktischer werden soll", berichtet Gabriel Cevc, einer der Administratoren von www.casemodder.de. Sein erster "Mod" war ein "Koffer-PC": Zum leichteren Transport baute der 17-Jährige das PC-Innenleben einfach in einen Koffer ein.

Bierkasten

Beim Zusammenbau seines Computers waren Pardow die Gehäuseteile viel zu teuer - die Idee, etwas anderes zu benutzen, war geboren. Seine Wahl fiel auf einen Bierkasten. Probleme hatte er mit der Kühlung, denn das Bier wird von der Betriebstemperatur des Computers ungenießbar warm. In der neuesten Version seines "Bier-PCs" verhindert ein Aggregat wie bei einer Kühlbox, dass sich Rechner und Gerstensaft zu stark erhitzen.

Unter den Tüftlern finden sich Pragmatiker, aber auch künstlerisch ambitionierte Bastler. Die Pragmatiker wollen meist mit möglichst günstigen Methoden ihren Computer optimieren. Um ihn leiser zu machen, bauen sie beispielsweise die handelsüblichen Mini-Ventilatoren aus und setzen dafür aufwendige Wasserkühlungen ein. Dabei kommt auch mal eine alte Colaflasche oder ein Bierglas zum Einsatz. Digitale Anzeigen sorgen nicht nur für ein futuristisches Design, sondern liefern auch Informationen über Prozessor-Auslastung oder Temperatur des Rechners.

Wochenlanges schrauben und sägen

Die meisten "Mods" entstehen aber aus den künstlerischen Ambitionen ihrer Eigentümer. Die "Casemodder" schrauben und sägen oft wochenlang an ihren Projekten. Zur Grundausstattung gehören Stichsäge, um Fenster in die Gehäuse zu schneiden, Lötkolben für die Elektronik und Spraydosen für die Bemalung. Als Werkstoff dienen meist einfache Materialien: Plexiglas, Blech und Holz, dazu kommen noch diverse Elektronik-Bauteile.

Auch puristische Bastler greifen immer mehr zu aufwendigen Werkzeugen wie computergesteuerten Fräsen. Die Stichsäge aus dem Bastelkeller reiche oft nicht mehr, berichtet Cevc. "Die Projekte werden immer extremer und waghalsiger". Umgebaute oder verfremdete Rechner, die inzwischen auch gekauft werden können, seien in der Szene verpönt, sagt Cevc.

Herausforderung bei der Verwirklichung einer Idee

"Modder" suchen nach Ansicht von Cevc die Herausforderung bei der Verwirklichung einer Idee - und die Anerkennung, die sie auf Netzwerkpartys und Treffen von Gleichgesinnten erhalten. Im Internet zeigen sie stolz Fotos von ihren neuesten Kreationen. Viele Veranstalter von Netzwerkpartys haben inzwischen auch "Modding"-Meisterschaften, teures Computerzubehör winkt als Preis. Die ausgefallensten Kreationen können bei der jährlichen DCMM, der "Deutschen Casemod Meisterschaft", bestaunt werden.(dpa)