Videostill: eipcp/Oliver Ressler

Im Juli jährten sich die Proteste rund um den G8-Gipfel von Genua zum ersten Mal. Am 20.7.2001 war bei den Demonstrationen der GlobalisierungskritikerInnen Carlo Giuliani durch den Schuß eines Carabiniere getötet worden. In ganz Italien fanden zum Jahrestag von "Genua 2001" Kundgebungen und Aktionen statt, die auch der Neuorientierung und Reflexion der AktivistInnen dienen sollte.

Vom zivilen zum sozialen Ungehorsam

Nach den Erfahrungen von Genua erklärten die "Tute Bianche" das Ende der "weißen Overalls". Diese Gruppe weiß gekleideter AktivistInnen aus Italien fiel optisch durch ihre mit Schaumstoff, Helme und selbst gemachten Schilde geschützten Körper auf, die sie bei Aktionen und Demonstrationen als Waffe des zivilen Ungehorsams einsetzten. Gemeinsam mit der Jugendorganisation von "Rifondazione Comunista", der süditalienische Koordination "Rete No-Global" und anderen kleineren Gruppen gründete "Tute Bianche" die Bewegung der Ungehorsamen (Disobbidienti) und rief den Übergang vom zivilen zum sozialen Ungehorsam aus.

Bipolaritäten sprengen

"Der Ungehorsam ist eine hervorragende Institution gewesen, weil einige Bipolaritäten dadurch gesprengt wurden. Wie z.B. jene von Gewalt und Gewaltlosigkeit oder auch jene von Legalität und Illegalität", so Federico Martelloni von den Bologneser "Ungehorsamen".

Oliver Resslers und Dario Azzellinis Video "Disobbedienti" (54 Min., 2002), das ihm Rahmen von "rebuclicart" im Depot präsentiert wird, thematisiert die Entstehungsgeschichte, die politischen Grundlagen und die Aktionsformen der Bewegung der "Disobbedienti" (den "Ungehorsamen"). Basis des Videos sind die Gespräche mit sieben Beteiligten, sieben "Ungehorsamen".

Solidarität mit den Kaputtgesparten

Die Präsentation von eipcp mit anschliessendem Gespräch zwischen Oliver Ressler und Gerald Raunig findet im Rahmen der Solidaritätsveranstaltungen im kaputt-"subventionierten" Depot statt. Folder und Homepage des unangepassten Ortes für "Kunst und Diskussion" machen auf die nicht ausreichenden Förderung durch die öffentliche Hand aufmerksam. Seit 2000 musste die engagierte Institution mehrmals auf "Sparflamme" kochen. Das halbierte Budget für 2002 ist trotz aller Sparsamkeit nach 150 Veranstaltungen aufgebraucht. Seit Dezember steuern befreundete Institutionen das Solidaritäts-Programm bei. Der Notbetrieb läuft noch bis Ende Jänner. Weitere Pläne existieren im Moment nicht. - Damit die Nachrufe auf die 1994 gegründete Institution in der Schreibtischlade vermodern können, müßte ein Weihnachtswunder geschehen ... (kafe, 17.12.2002)