Wir sollen schon wieder den nationalen Schulterschluss üben. Wann immer diese Regierung sich und uns in eine internationale rue de gack hineingeritten hat, ertönt der Ruf nach dem "Schulterschluss". Nun hat die Strategie der Regierung in der Transitfrage nicht funktioniert. Das Problem ist eigentlich nicht befriedigend zu lösen. Kanzler Schüssel hat die Sache aber nun einmal zur Chefsache gemacht. Und er wählte die Strategie, beim Gipfel in Kopenhagen in die Jubelstimmung über die geglückte EU-Erweiterung hinein mit den Ökopunkten zu kommen. Also das klappte nicht, und nun verlangt Frau Ferrero-Waldner wieder einen Schulterschluss von uns allen. Wofür? Für die Unterstützung der angedeuteten Drohung des Kanzlers, die EU-Osterweiterung im allerletzten Moment nicht zu unterschreiben? Man stelle sich vor: Die 15 Mitgliedsstaaten und die zehn Neuen versammeln sich am 16. April in Athen auf der Akropolis ("Wiege der Demokratie"), um feierlich die Beitrittsverträge zu unterzeichnen. Und das trotzige kleine Österreich tritt vor und sagt mit hoher, kindlicher Stimme: "Aber zuerst unsere Ökopunkte!" Da würden wir einen echten Schulterschluss erleben, und zwar 24 : 1 gegen uns. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2002)