Blonde, blauäugige Elben als Übermenschen und hellhäutige Gute auf der einen Seite, hässliche, dunkle Gestalten auf der anderen: Stephen Shapiro, Literaturforscher an der University of Warwick (Großbritannien) wirft J. R. R. Tolkien und seinem Epos "Der Herr der Ringe" offenen Rassismus vor. Speziell der zweite Teil "Die zwei Türme", der am Mittwoch als Film in den österreichischen Kinos anläuft, sei von Ängsten über Migrationsbewegungen geprägt, so Shapiro in einer Aussendung der Universität.

"Ausländische Horde"

Im Epos kämpft eine kleine Gruppe von Auserwählten gegen eine "ausländische Horde", für Shapiro ein Hinweis auf alte Ängste der Anglo-Europäer, von nicht-europäischen Populationen überrannt zu werden. Dabei seien Hobbits und Elben – als die Guten – stets hellhäutig beschrieben, während die Orks – die Bösen – als Masse von dunkelhäutigen, skrupellosen Bösewichten dargestellt werden. Auch im Film werde mit deutlichen "schwarz-weißen Farbcodes" gearbeitet und die "Angst vor einem Schwarzen Planeten" verstärkt.

Nicht ebenbürtig

Shapiro behauptet, dass Tolkien einer Zeit nachhängt, in der Briten Ausländer als nicht ebenbürtig empfanden. Er habe die Trilogie geschrieben, weil er glaubte, dass Englands ursprüngliche Kultur und Mythologie mit der Invasion der Normannen untergegangen war. Mit seinem Werk wollte er diese Welt wieder auferstehen lassen. Tolkien habe es in den 1930ern begonnen und in den 1950ern publiziert, damit sei es in einer Zeit geschrieben, als die Dekolonialisierung begann und erste Massenimmigrationen aus Indien und Pakistan bzw. der Karibik erfolgten.(APA)