Als Börse der Tanzkunst macht das "Monaco Dance Forum" von sich reden: Zwischen der Faszination für neue Technologien und der Zusammenfassung herausragender Produktionen blieb genug Zeit, Tänzer der Zukunft auszuforschen.


Wer das Grimaldi Forum das erste Mal betritt, wird überwältigt: ein Glaspalast mit Meerblick; 35.000 Quadratmeter Nutzfläche, davon 10.000 qm offener Ausstellungsraum; vier Theatersäle mit 400 bis 1900 Sitzplätzen. Der im Sommer 2000 eröffnete Mehrzweckbau, errichtet von Fabrice Notari und Frédéric Génin nach einem Entwurf von Henry Notari, erweist sich rasch als idealer Austragungsort für das am Samstag zu Ende gegangene Monaco Dance Forum. Trotz zahlreicher Aufführungen ist das kein Tanzfestival im üblichen Sinn, sondern mehr ein Treffpunkt für Tänzer, Choreografen, Filmer, Videokünstler, Produzenten und natürlich Publikum. Insgesamt zählte man rund 10.000 Besucher.

Das Forum versteht sich als Börse: Wie bei einer Handelsmesse präsentierten sich Kompanien an Ständen, oder nahmen an den frei zugänglichen "Showcases" teil. Besonders löblich ist allerdings jene Einrichtung, die sich "First Job Audition" nennt, zu der rund hundert vorselektierte Tänzer zwischen 18 und 22 Jahren auf Einladung des Fürstentums aus der ganzen Welt anreisten, um vorzutanzen. Bei der Anzahl anwesender Ballettchefs, aus Österreich waren Robert Poole (Linz) und Darrel Toulon (Graz) gekommen, eine große Chance, in einer etablierten Kompanie aufgenommen zu werden. Toulon engagierte gleich zwei Tänzer vor Ort.

Mit einem Budget von 2,8 Millionen Euro kann man natürlich einiges bieten: Was das Tanzfestival innerhalb des Forums betrifft, setzt der künstlerische Leiter Jean-Christophe Maillot auf Vielfalt. Im abwechslungsreichen Hauptprogramm sah man bereits bekannte Arbeiten vom Nederlands Dans Theater oder der Compagnie Akram Khan, sah man die eher ein junges Publikum magnetisierende Hip-Hop-Opera Rome and Jewels von Rennie Harris Puremovement aus den USA, in eine moderne Form gebrachte Tänze der Aboriginals der Bangarra Company, makaber witziges Theater aus Großbritannien mit Red Shoes der Kneehigh Theatre Company oder Stepptanz aus New York.

Jones' Präsenz

Und Bill T. Jones, seit 20 Jahren mit seiner Company aktiv, kam nach Jahren der Absenz wieder selbst auf die Bühne zurück. Immer noch von einnehmender Präsenz, nahm er sich die Freiheit, einfach zu improvisieren und über sein Leben zu plaudern.

Zu den visuellen Ereignissen gehörte Karine Saportas Les guerriers de la brume. Eine seltsame Science-Fiction-Story, die im Jahr 4025 spielt und vom Kampf der Kulturen auf dem Mont Saint-Michel erzählt. Das Interessante daran ist nicht der Inhalt, sondern das auf komplizierter Technik basierende Bühnenbild, ein 3-D-Video mit virtuellen Figuren, die in direktem Bezug zu den mit Sensoren ausgerüsteten Tänzern stehen.

Auch sonst konnte man durch eine Reihe multimedialer Installationen wandern und sich von Spezialisten den Umgang mit Technologien erläutern lassen.

Wesentlicher Sektor des Monaco Dance Forum ist das vom Internationalem Musikzentrum (IMZ) Wien ausgerichtete Dance Screen Festival mit Filmpräsentationen, Videothek, Workshops für angehende Regisseure und einer Plattform zur Präsentation von Projekten für Koproduzenten.

In Rahmen des Festivals wurden die Dance Screen Awards 2002 vergeben. Die fünfköpfige Jury hatte aus 228 eingereichten, in fünf Kategorien eingeteilten Filmen die Gewinner zu entscheiden. Der mit 15.000 Euro dotierte Hauptpreis ging an die BBC-Produktion The Dancer's Body, ein Dokumentarfilm, der die Zusammenhänge zwischen Körper und Geist aufgreift und effektvoll in die Anatomie einführt.

Weitere Preise wurden vergeben für Carmen (Industria Produzioni) für die beste filmische Umsetzung einer Live Performance, The Moebius Strip (Intermezzo Film) für die beste Aufbereitung einer bereits bestehenden Choreografie. Minou, Chrysalis und Dracula - Pages from a Virgin's Diary wurden als beste, speziell für Film beziehungsweise Video gemachte Choreografien ausgezeichnet. Das österreichische Unternehmen Navigator Film holte sich für In the Mirror of Maya Deren den Dokumentarpreis.

Mit einer "Nijinsky Gala" ging die zweite Ausgabe des Monaco Dance Forum zu Ende. Jean-Christophe Maillot gab sich zufrieden und kündigte für die Ausgabe 2004 eine Programmerweiterung an.
(DER STANDARD, Printausgabe, 18.12.2002)