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Noch Vodafone-Chef Chris Gent.

Foto: Reuters/Dylan Martinez

Chris Gent (54), Vorstandschef von Vodafone, will sein Amt beim weltgrößten Mobilfunkkonzern nun schon im Juli 2003 abgeben. Die Entscheidung des als ehrgeizig und erfolgreich geltenden Managers hat bei Analysten in der Londoner City zum Teil Erstaunen ausgelöst. Der Aufsichtsratsvorsitzende von Vodafone, Lord MacLaurin, versicherte am Mittwoch jedoch, Gent sei keineswegs "unter Druck" geraten.

Arun Sarin

Nachfolger des ehrgeizigen Briten, der sich besonders durch eine kühne Übernahmeserie einen Namen machte, soll der Amerikaner Arun Sarin (48) werden. Er sitzt als bisheriger Chef von Accel Telecom (San Francisco) bereits im Aufsichtsrat von Vodafone. Der Konzern ist gegenwärtig mit weltweit mehr als 100 Millionen Kunden in 28 Ländern aktiv.

Gent, der 1997 die Führung von Vodafone übernommen hatte, hatte mehrmals angedeutet, er wolle sich Ende des nächsten Jahres aus dem Konzern zurückziehen. Ein wachsender Schuldenberg, großzügige Gehaltspakete und abstürzende Aktienwerte hatten ihn aber - bei Aktionären und in der City - in die Schusslinie der Kritik gebracht. "Warum geht Gent ausgerechnet jetzt? Weiß er etwas, was wir noch nicht ahnen"?, fragte Branchen-Analyst Damien Maltarp von der Bank of America am Mittwoch.

"Feindliche Übernahme" der deutschen Mannesmann AG

Unter der Führung Gents hatte sich Vodafone in den vergangenen Jahren gemessen am Umsatz zum größten Mobilfunkunternehmen der Welt entwickelt. Eine seiner spektakulärsten Aktionen war die "feindliche Übernahme" der deutschen Mannesmann AG (D2), dem Mobilfunkarm von Mannesmann, im Sommer 2000. Schon zuvor hatte Gent 1999 mit der Übernahme der US-Mobilfunkgesellschaft AirTouch Schlagzeilen gemacht. Es folgten weitere Anteilaufkäufe, unter anderem in Japan und bei der irischen Gesellschaft Eircell. Weniger erfolgreich waren Gents jüngste Bemühungen, den französischen Mobilfunkanbieter Cegetel zu übernehmen.

Bereits Mitte 2001 zeigte sich, dass die milliardenschweren Zukäufe dem in Newbury (bei London) angesiedelten Konzern schwer im Magen lagen. Die Bilanz für das Jahr 2000 wies erstmals einen Vorsteuerverlust von mehr als acht Mrd. Pfund (12,49 Mrd. Euro) aus. Die Vodafone-Aktie setzte ihren Absturz von damals 300 Pence fort. Sie lag am Mittwoch in London bei 113 Pence.

Verlustreich

Noch heftiger fielen die Verluste im darauf folgenden Geschäftsjahr aus. Im Mai 2002 registrierte der Konzern einen Vorsteuerverlust von 22 Mrd. Euro. Der Jahresbericht zum 31.3.2002 wies ferner massive Abschreibungen von mehr als 20 Mrd. Euro aus, die vor allem auf Wertverluste von Eircell (Irland) sowie bei Japan Telecom und der Mobilfunktochter J-Phone Group zurückgeführt wurden. Gent zeigte sich damals für den künftigen Geschäftsverlauf optimistisch und betonte, die Abschreibungen hätten mit dem weiterhin "profitablen" Mobilfunkbereich nichts zu tun.

Trotz der Verluste stieg der operative Gewinn vor Finanzerträgen und Aufwendungen (EBITDA) im Berichtsjahr um 44 Prozent auf 10,1 Mrd Pfund. Der Cashflow war mit 2,36 Mrd. Pfund um 900 Mio. Pfund höher als erwartet. Der Umsatz stieg um 52 Prozent auf 22,85 Mrd. Pfund. Der Kapitalwert von Vodafone wird gegenwärtig auf mehr als 70 Mrd. Pfund geschätzt.

Vorteil

Wiederholt hatten frustrierte Vodafone-Aktionäre Gent in den letzten Monaten aufgefordert, die Übernahmeserie zu beenden und die "außerordentlichen Vermögenswerte" des Konzerns zu ihrem Vorteil einzusetzen. Dies, so sagte eine Sprecherin am Mittwoch, sei nun die größte Herausforderung an den Nachfolger von Gent.(APA)