Berlin - Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Sitzung des Bundestages am Donnerstag mit einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel in Kopenhagen eröffnet. In der dänischen Hauptstadt hatte die Europäische Union am Wochenende die Erweiterung um zehn weitere Mitglieder besiegelt. Schröder erklärte, aus Europa, was in der Vergangenheit so oft Schauplatz grausamer Konflikte gewesen sei, "ist ein wirklich einiges Europa geschaffen worden" mit einer glanzvollen ökonomischen und politischen Perspektive. Es werde "zusammengebracht was zusammen gehört", sagte Schröder.
Debatte über Hartz-Gesetze
Weiterer Schwerpunkt im Bundestag ist eine verbundene Debatte über die Hartz-Gesetze, die Ökosteuer, das Beitragsgesetz Rente und das Vorschaltgesetz Gesundheit. Die Vermittler von Bundestag und Bundesrat hatten nur für einen Teil der Hartz-Vorschläge, hauptsächlich für die Minijobs, einen Kompromissvorschlag gefunden. Alle anderen Gesetze waren mit rot-grüner Mehrheit in ihrer ursprünglichen Form bestätigt worden.
Es handelt sich um Gesetze, bei denen der Bundesrat lediglich Einspruch einlegen kann. Diesen Einspruch, der am Freitag erfolgen soll, will der Bundestag anschließend mit Kanzlermehrheit zurückweisen. Bereits am Donnerstag soll der Nachtragshaushalt 2002 verabschiedet werden. Auf Antrag der FDP wird über die Ladenschlusszeiten und auf Antrag der Union über die Aufhebung des Vermögensteuergesetzes debattiert.
EU-Erweiterung in deutschem Interesse
In seiner Regierungserklärung zum EU-Gipfel von Kopenhagen sagte der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder: "Gerade die Tatsache, dass die deutschen Interessen heute mit den Hoffnungen, den Erwartungen und den Interessen der Völker Europas übereinstimmen, gerade das beweist die historische Dimension der Beschlüsse von Kopenhagen und gerade das ermöglicht, die großartigen Chancen, die sie bieten, zu nutzen."
Schröder verwies auf "enormen Chancen" für die Wirtschaft und für den Arbeitsmarkt durch die EU-Erweiterung. Die ausgehandelten finanziellen Regelungen seien ein "vernünftiges Ergebnis". Mit der Regelung für die Agrarpolitik sei es gelungen, auch das größte Risiko in Griff zu halten.
"Augenmaß und politische Vernunft" bewiesen die Beteiligten nach den Worten Schröders zugleich in der Frage der Freizügigkeit von Arbeitnehmern. Das neue Europa solle niemanden Angst machen.
Türkei wird gleich behandelt wie Rumänien und Bulgarien
Der deutsche Kanzler verteidigte die Beitritts-Perspektive für die Türkei. Dieses Land werde nach den gleichen Prinzipien wie Rumänien und Bulgarien behandelt, deren Aufnahme 2007 sich nach der Erfüllung der festgelegten Kriterien richten werde.
Die Zugehörigkeit der Türkei zu Europa dürfe nicht ausgeschlossen werden. Das gehöre zur Kontinuität deutscher Europapolitik. Diese dürfe "gerade im deutschen Interesse nicht wahltaktischen und parteipolitischen Motiven geopfert werden".
Zu Beginn seiner Regierungserklärung nannte Schröder die bevorstehende EU-Erweiterung um zehn Länder eine "großartige Chance". Der Bundeskanzler unterstrich: "Der Weg in ein großes und starkes Gesamt-Europa ist jetzt klar abgesteckt." Es könne nunmehr ein Europa des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes auf dem gesamten Kontinent aufgebaut werden.
"Wir haben wirklich zusammen gebracht, was zusammengehört und vollenden damit das Werk großer Europäer", betonte Schröder. "Aus dem europäischen Albtraum von Mord und Gewaltherrschaft ist der Traum eines einigen Europas geworden." Diese Möglichkeiten müssten nun so genutzt werden, "dass unsere Kinder und deren Kinder alle zusammen uns dafür dankbar sein können." (APA)