Foto: Aus dem besprochenen Band
Foto: Aus dem besprochenen Band
Foto: Aus dem besprochenen Band

Am Ende des Buches ist die Autorin abgebildet. Und sollte die Lektüre nur eine Ahnung erzeugt haben, dann wird spätestens jetzt klar, was das heißt: Intelligenz des Herzens. Johanna Reinisch wird "Altbäuerin" genannt. Aber von Alter keine Spur in diesem Gesicht. Allenfalls von einer sanft abgeklärten Heiterkeit. Keine falsche Demut, keine zur Schau getragene Selbstsicherheit. Was es wiegt, das hat's. Sein tut's, wie's ist, sagen sie dort, wo die Autorin aufgewachsen ist und wo sie auch heute noch lebt.

Johanna Reinisch, 1943 als letztes von acht Kindern in eine Bergbauernfamilie in der Weststeiermark geboren, erzählt, wie das Leben ablief in dieser Selbstversorgungswirtschaft. "Vom Geschick der Bäuerin, von ihrem Fleiß und Können, so wie sie die Lebensmittelvorräte einteilte, bevorratete und verwertete, hing mehr oder weniger das Wohlbefinden der Hausgemeinschaft ab." Managerqualitäten würde man heute dazu sagen. Über die Managerin des Hofes, ihre Mutter, derer sie in diesem Buch auf berührende Weise gedenkt, berichtet die Autorin: "Sonntags ging sie zur Frühmesse um halb sieben Uhr. Das war ihre einzige Freizeit."

Dass sie diese Zeit nicht verklären will, müsste Johanna Reinisch gar nicht betonen. Was sie zu sagen hat, wie sie es sagt, spricht für sich. Einfach, unprätentiös, ohne Pathos, und gerade deshalb ans Herz greifend. Sein tut's, wie's ist.

Noch ein Beispiel? "Am Neujahrstag glaubten die Männer, es bringe Unglück, wenn die erste Begegnung eine mit einer alten Frau sei. Viele Frauen blieben daher aus Rücksicht sogar daheim und trugen so dazu bei, den Egoismus und die Einbildung der Männer zu stärken."

Johanna Reinisch hat mit ihrem Mann 32 Jahre lang einen Biobauernhof in Deutschlandsberg bewirtschaftet. Aus ihren Erinnerungen wird klar, woher sie die ideelle Grundlage dazu bezog: aus tiefem Respekt für das, wovon der Mensch lebt. Bekanntlich nicht vom Brot allein. Aber noch weniger von einem Brot, von dessen Herkunft er nichts (mehr) weiß.

Dieses Buch verdient einen Stammplatz in jeder Haus- und Schulbibliothek, Rubrik Nahrung für Körper und Seele. (DER STANDARD/rondo/Josef Kirchengast/20/12/02)