Wien - Eine Bankomatgebühr ist in der österreichischen Kreditwirtschaft für einige Zeit vom Tisch. Dies stellte am Donnerstag Walter Rothensteiner, Generaldirektor der Raiffeisen Zentralbank (RZB) und Bundeskreditobmann der Wirtschaftskammer, bei seiner Jahresabschlusspressekonferenz vor Journalisten fest. "Das wird in den nächsten Monaten niemand aufgreifen." Zumindest niemand bei Raiffeisen.

Aus der "Raiffeisen-Familie" hatte die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien (RLB) zuletzt einen solchen Vorstoß gewagt und kurz darauf bereits klein beigegeben: Die geplante Einführung einer Extra-Gebühr für Behebungen von Bargeld an Bankomaten wurde nach massiven Protesten von Konsumentenschützern und Medien - sowie diversen "Distanzierungen" durch die Konkurrenz - gleich wieder abgesagt.

"Aus dem Fernsehen erfahren"

Rothensteiner bezeichnete das Trommelfeuer nach der RLB-Ankündigung bzw. der kurz darauf erfolgten Rücknahme der Ankündigung heute als "sachlich weit überzogen". Es gebe freilich kein anderes Gewerbe, dessen Gebühren so sensibel gesehen würden. Dass der Zahlungsverkehr stark defizitär sei, sei evident und dass Bankomattransaktionen die Banken etwas kosteten, "wissen alle anderen auch", so Rothensteiner. Jeder entscheide selber, auch bei Raiffeisen. "Ich habe es auch aus dem Fernsehen erfahren", sagt Rothensteiner. Der RZB-Boss ist der Meinung, bei Transaktionskostenberechnungen "die Gesamtspesen" anzuschauen, womit er bei Bedarf neu gestalteten Paketlösungen gegenüber "Einzelthemen" offenbar den Vorzug gibt.

Die Raiffeisen Zentralbank (RZB) selbst durchforstet zur Zeit ihre Kosten, "wir werden uns kostenmäßig etwas auf Diät setzen", sagte Rothensteiner heute. Dabei wird die Gruppe von der Boston Consulting Gruppe beraten, Effekte des "Fitnessprogramms" würden 2003 sichtbar. Details wurden nicht genannt.

Annähernd stabile Gewinne

Trotz allgemeiner Ertragsschwäche im Bankensektor wird der Konzern der Raiffeisen Zentralbank im zu Ende gehenden Geschäftsjahr 2002 annähernd stabile Gewinne einfahren. Der Jahresüberschuss vor Steuern liegt mit voraussichtlich 228,6 Mio. Euro um 1,3 Prozent unter dem Vorjahreswert von 231,7 Mio. Euro. Ohne die von der EU-Kommission verhängte "Lombard-Strafe" wäre heuer ein Zuwachs von rund 9 Prozent zu erwarten gewesen, so Rothensteiner, der jedoch die Hoffnung hegt, bis zum Jahr 2005 die Rückstellungen dafür doch noch auflösen zu können.

Für den RZB-Chef ist die "Ertragsstärke ungebrochen" - auch wenn die Kapitalrendite (RoE) vor Steuern heuer mit rund 12 Prozent geringer ausfallen dürfte als im Vorjahr (13,3 Prozent). Die Kredit-Risikovorsorgen werden heuer konjunkturbedingt wahrscheinlich wieder höher - bei rund 135 Mio. Euro - liegen, nachdem sie sich 2001 auf 112,1 Mio. Euro nahezu verdoppelt hatten. (APA)