Washington/Wien - Hans Blix, der Chef der UN-Waffeninspektoren, wird nicht lange auf seinen nächsten Besuch aus Washington warten müssen. Zweimal innerhalb einer Woche ist der Verbindungsmann der US-Regierung zur Unmovic, John Stern Wolf, zuletzt mit dem schwedischen Diplomaten in Klausur gegangen und hat dies auch die Presse wissen lassen. Sein einziges Thema: Die UN-Inspektoren sollen endlich Interviews mit Saddam Husseins Waffenexperten führen.

Für Hans Blix kompliziert das Interviewthema nur noch die Arbeit seiner Waffenkontrolleure - für die US-Regierung liegt gerade darin der Vorteil. Auf Befragungen irakischer Wissenschaftler zu pochen ist der schnellste Weg, um Bagdads Widerstand und damit einen klaren Verstoß gegen die UN-Resolution 1441 herbeizuführen, lautet die Überlegung des Weißen Hauses.

Tatsächlich legt die Resolution vom vergangenen Novem- ber fest, dass die irakische Regierung "sofortigen ungehinderten, unbeschränkten und privaten Zugang zu allen Regierungsvertretern und anderen Personen, welche Unmovic und IAEA (Internationale Atomenergieagentur; Anm.) zu befragen wünschen" gewähren muss. Allerdings obliegt es allein den beiden Kontrollbehörden, wie sie diese Interviews gestalten wollen: Unmovic und IAEA entscheiden "nach ihrem Ermessen", ob sie die Befragungen innerhalb oder außerhalb des Irak, im Beisein von Regierungsvertretern - wie in der Vergangenheit - oder ohne sie durchführen wollen. Die Interviews mit irakischen Wissenschaftern sind also eine Option für die Inspektoren, keine Verpflichtung.

Die USA hatten während der Verhandlungen über die Resolution 1441 ursprünglich verlangt, dass die Mitglieder des Sicherheitsrates entscheiden könnten, welche Iraker befragt würden und auch Mittel für die Ausreise ihrer Familien erhalten. Denn Interviews mit irakischen Wissenschaftern sind in der Regel eine Einbahnstraße: Wer im Ausland möglicherweise über seine Kenntnisse des Waffenprogramms gesprochen hat, riskiert bei der Rückkehr sein Leben und das seiner Angehörigen. Hans Blix war bisher stur: Unmovic werde keine "Entführungen" organisieren und sei auch "keine Behörde für Überläufer". (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 20. 12. 2002)