Wien - Der schwächelnde Euro könnte in den nächsten Wochen bis Jahresende zum Greenback durchaus noch die 1:1-Parität testen, dürfte aber aus Sicht von Devisenanalysten von Wiener Großbanken nicht unter einen Dollar fallen. Für 2000 wird, nach Erholung der deutschen Wirtschaft, sogar wieder ein deutlicher Anstieg auf 1,10 bis 1,15 gesehen. Seit Mitte Oktober auf Talfahrt Im Research der Erste Bank erinnert man daran, dass sich der Euro nun bereits seit Mitte Oktober auf Talfahrt befindet und seither gut 7 Prozent eingebüßt hat. Der fundamentale Hintergrund liege darin, dass die US-Wirtschaft derzeit wesentlich stärker sei als jene im Euro-Raum. Vor allem aber laufe die Konjunktur im Euro-Raum sehr unterschiedlich, wobei Deutschland und Italien nachhinken würden. "Der Finanzmarkt sieht den Euro als D-Mark-Nachfolger, und widersprüchliche Nachrichten kommen derzeit aus Deutschland", heißt es in der Erste Bank. Sobald sich die deutsche Konjunktur ähnlich wie davor die französische wieder verbessere, könnte nächstes Jahr ein wieder erstarkter Euro über 1,10 oder 1,15 Dollar in Sicht rücken. Bis Ende 1999 sei ein Test der 1:1-Parität denkbar. "Ich glaube aber nicht, dass der Euro darunterfällt, das wäre eine Übertreibung." Profitieren werde der Euro nächstes Jahr auch durch absehbare Umschichtungen von Investoren-Geldern japanischer Fonds - heraus aus dem US-Dollar und hinein in die EU-Währung. Der Auslandsanteil der japanischen Fonds stecke heuer noch zu zirka 80 Prozent in Dollar, für 2000 tendiere man aber zum Euro, der dadurch gestärkt werde. RZB und Bank Austria: Schwäche nur vorübergehend Für die Raiffeisen Zentralbank (RZB) und Bank Austria ist die derzeitige Euro-Schwäche nur vorübergehend, längerfristig gebe es kein Strukturproblem. Allerdings sei es durchaus möglich, dass die Euro-Dollar-Parität kurzfristig auf unter 1:1 falle, meinen die Analysten von BA und RZB. Ein Rutsch in Richtung 0,95 würde aber durch die Fundamentaldaten nicht gerechtfertigt, heißt es aus der BA. Einmischung der Politik verstärkt Tendenz zur schlechten Stimmung In der RZB sieht man als Grund für die momentane Euro-Schwäche vor allem die im Markt herrschende Befürchtung, dass sich die europäische Politik zu sehr in den wirtschaftlichen Restrukturierungsprozess einmische. Die "Rettung" des Holzmann-Konzerns werde im Markt abgelehnt, der "Dritte Weg" des deutschen Kanzlers Gerhard Schröder in Frage gestellt. Auch die Ablehnung des Verkaufs des französischen Limonadeherstellers Orangina an Coca-Cola durch die französische Regierung verstärke die Tendenz zu einer schlechten Stimmung für den Euro. Die guten Konjunkturzahlen, die etwa Frankreich und die Niederlande in den letzten Tagen gemeldet haben, seien dagegen eher untergegangen. Längerfristig werde sich der Euro aber wieder erholen, die Konjunkturaussichten für Euroland seien gut - der schwache Euro sei für die Exportwirtschaft "Goldes Wert" - das Wachstum werde sich beschleunigen und damit werde auch der Euro wieder Auftrieb erhalten. Auf längere Sicht ortet die RZB keine Strukturproblem. Eher technische, weniger fundamentale Faktoren Auf eher technische und weniger fundamentale Faktoren führt die Bank Austria die momentane Euro-Schwäche zurück. Man höre zwar aus dem Markt, dass die Causa Holzmann für angelsächsische Investoren "irritierend" sei, die derzeitigen Bewegungen würden dadurch noch verstärkt, allerdings solle man sie auch nicht überbewerten. Die Bank Austria weist auf technische stop-loss-Verkäufe, die eher geringer Liquidität sowie das Glattstellen von Positionen gegen Jahresende hin. Helfen würden dem Euro längerfristig die guten Konjunkturerwartungen für Euroland. Das Wachstumsdifferenzial zwischen Europa und den USA werde geringer, wenn auch nicht so stark wie vor kurzem noch erwartet. Das zu erwartende soft-landing der US-Konjunktur spreche zu Gunsten des Euro. Mit einem Euro-Dollar-Verhältnis von 1,04/1,05 dürfte außerdem die US-Leistungsbilanz wieder ein Thema im Markt werden. (APA)