Wien - Nach der Euro-Bargeldumstellung zum Jahresbeginn 2002 beschweren sich in nahezu allen zwölf Euro-Ländern die Verbraucher über anziehende Preise. Entsprechend hoch ist die Unzufriedenheit mit dem neuen Geld. Im europäischen Durchschnitt trauert Medienberichten zufolge fast jeder Zweite den nationalen Währungen nach. Auch das Einschätzen der neuen Preise macht fast überall Probleme, so dass häufig weiterhin in Schilling, Mark, Franc oder Pesetas gerechnet wird.

Statistiker betonen zwar hier wie dort, dass die Preiserhöhungen auf das Konto anderer Gründe wie neue Steuern, teures Erdöl oder schlechte Witterung gehen. Überzeugen tut es die Menschen jedoch bei weitem nicht immer. In Griechenland riefen Verbraucherverbände drei Mal zu Boykottaktionen auf, nachdem zum Sommer ein Preisanstieg von zehn Prozent vor allem bei Lebensmitteln festgestellt wurde.

Auch in Österreich herrscht laut allen Umfragen die Überzeugung, der Euro habe das Leben deutlich verteuert. Die Euro-Preiskommission verweist dagegen auf die faktische Inflationsrate, die mit 1,7 Prozent unter dem Eurozonen-Schnitt von 2,2 Prozent liege. Der Anteil der Euro-Gegner nahm von 15 Prozent zur Euro-Umstellung auf mehr als 30 Prozent zu.

Die Iren sind betrübt über den Preisanstieg beim Nationalgetränk Bier sowie in Restaurants und Kinos oder bei Zahnärzten und Friseuren. Und auch in Finnland, dem einzigen nordeuropäischen Euro-Land kam die neue Währung zum Jahresende wieder im Zusammenhang mit Preiserhöhungen in die Schlagzeilen.

Die Spanier haben schwer mit dem Umtauschkurs zu kämpfen: Ein Euro entspricht 166,386 Pesetas. Zwei Drittel der Bevölkerung orientieren sich beim Preisvergleich immer noch an den Werten in Pesetas, oft muss der Taschenrechner her. In den Supermärkten sind die Preise immer noch in beiden Währungen ausgezeichnet. In Portugal wird immer dann auf den Escudo zurückgegriffen, wenn es um größere Summen geht, etwa beim Kauf eines Autos oder eines Hauses. Auch die Regierung und die großen Unternehmen nennen den Wert in Escudos, wenn es um Bilanzen oder den Haushalt geht. Die Franzosen rechnen bei großen Summen ebenfalls noch in Franc und 49 Prozent hätten nichts gegen dessen Rückkehr.

Eine Insel der Zufriedenen ist Belgien, dessen Einwohner traditionell zu den Befürwortern der Gemeinschaftswährung gehörten. Nur 28 Prozent trauern dem belgischen Franc hinterher. Europaweit liegt die Quote der Nostalgiker Medienberichten zufolge bei 45 Prozent.

Bei den Niederländern mischen sich zum Ärger mit höheren Preisen vor allem im Gastgewerbe Schwierigkeiten mit der Gewöhnung an den Euro. Vor allem Bezieher kleiner Einkommen könnten die neuen Preise (Umrechnungskurs: 1 Euro - 2,2 Gulden) nicht richtig einschätzen und bekämen ihre Ausgaben nicht unter Kontrolle, meinen Verbraucherschützer.

In Italien und Griechenland haben die Menschen noch ein ganz spezifisches Problem: Sie nehmen die Euro-Münzen nicht so recht ernst. Schließlich war sämtliches Münzgeld der nationalen Währungen längst absolut wertlos und viele halten zum ersten Mal eine "harte" Währung in der Hand. In Italien forderte Wirtschaftsminister Giulio Tremont im Sommer, 1- und 2-Euro-Scheine einzuführen. Die Euro-Münzen würden die Inflation anheizen, weil die Leute sie zu leichtherzig ausgeben, meinte er. Die griechische Regierung reagierte mit einer TV-Werbeaktion unter dem Motto "Auch die Münzen haben jetzt einen Wert". (APA)