Klagenfurt - Nach einer doch sehr beachtlichen Reihe anspruchsvoller Opernproduktionen - zuletzt eine großartige Lulu, Puccinis Madame Butterfly bereicherte die Wiener Festwochen - geriet die Inszenierung von Mozarts meistgespielter Oper Die Zauberflöte zum veritablen Flop. Hat man in der Vergangenheit gerade bei der Sängerwahl eine äußerst glückliche Hand bewiesen, so enttäuscht das Vokalensemble diesmal in mehrfacher Hinsicht:

Ingrid Kaiserfeld als Königin der Nacht etwa, welche die "Rachearie" wohl eher unfreiwillig an das Publikum richtet. Oder: Bernard Richter, dem die unangestrengte Leichtigkeit eines Tamino völlig zu fehlen scheint.

Teilerfolge verzeichneten immerhin Bernarda Bobro als Pamina sowie Günther Groissböck als Sarastro. Florian Boeschs Papageno vermag sängerisch zu gefallen, schauspielerische Glanzlichter setzt er allerdings höchst selten.

Nicholas Kok am Dirigentenpult, der in der vergangenen Saison mit einer erstaunlichen, dem Originalklang verpflichteten Interpretation von Händels Teseo begeistern konnte, zwingt das Orchester zu geradlinigem Spiel ohne geringstes Vibrato; seine eigentümliche Tempowahl stellt Musiker und Sänger vor ernste Probleme, mehrmals divergieren daher Absicht und Ausführung auf akustisch höchst unangenehme Weise: Das Fugato der Ouvertüre droht in völliger Unkenntlichkeit zu verhallen, asynchrone Einsätze stehen auf der Tagesordnung.

Fehlinterpretationen

Dass die Zauberflöte eine Oper von höchstem Symbolgehalt repräsentiert, die mannigfaltige freimaurerische Elemente enthält, dürfte der Regisseurin Anouk Nicklisch wenn schon nicht gänzlich unbekannt gewesen sein, so doch höchst ungelegen erscheinen: Dass die Inszenierung beinahe keine mögliche Fehlinterpretation auslässt, spricht nicht gerade für erhabene Werkkenntnis. Weder rhythmische Charakteristika noch bildhafte Darstellungen und schon gar nicht Initiationsriten erfahren eine präzise Deutung.

Zudem trägt man Schikaneders bewusst volkstümlich angelegtem Libretto kaum Rechnung, wenn Papageno hochsprachlich in gleichbleibendem Tonfall parliert oder Papagena - Vorsicht, Regieeinfall! - als Verona-Feldbusch-Verschnitt über die Bühne spaziert!

Angesichts solcher Schwächen nehmen sich diverse Gags eher seicht bis peinlich aus: von erotischem Tabledance über eine weiß (!) gekleidete Königin der Nacht, erbarmungswürdigen Knaben als Mafiosi-Imitation bis hin zu Sarastro als Falkner reicht die Palette.

Das Bühnenbild von Roland Aeschlimann wiederum, welches unter enormem technischem Aufwand präsentiert wird, spiegelt nur sporadisch ästhetische Kongruenz mit Mozarts inhaltlichen und musikalischen Intentionen wider. Zu düster, und über weite Strecken nahezu unbeteiligt wirken manche Bereiche.

Die teilweise durchaus stimmigen Lichteffekte vermögen keinen harmonischen Ausgleich zu bieten. Die Inszenierung in ihrer Gesamtheit bietet wenig Mozart und noch weniger Zauberflöte, ein Didgeridoo als "Titelheld" wäre wohl durchaus im Sinne der hoffnungslos missglückten Interpretation! (DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.12.2002)