Sie durften im Wahlkampf laufen, Prospekte verteilen und ihr Gesicht für ein toleranteres Image ihrer Parteien herzeigen. Gebracht hat es diesen etliche Stimmen von so genannten Neo-ÖsterreicherInnen - aber ihnen selbst wenig: Kein/e einzige/r MigrantenkandidatIn hat es in den Nationalrat geschafft. Alle vier Parlamentsparteien haben mit ZuwanderInnen auf ihren Listen geworben, in den Nationalrat schickten sie dann doch lieber keine. Nur keine Änderungen wagen, scheint die Devise zu sein - besonders wenn sie altgediente MandatarInnen den Job kosten würden.

Ein ähnliches Prinzip gilt für den Frauenanteil: Seit Jahren versprechen die großen Parteien ÖVP und SPÖ in jedem Wahlkampf wieder, diesmal aber wirklich der Bevölkerungsverteilung Rechnung zu tragen und Frauen von einer angemessenen Zahl von Mandatarinnen repräsentativ vertreten zu lassen. Und nach dem Wahlkampf entdecken SPÖ und ÖVP, dass es sich wegen der Wahllistenerstellung, der bündischen Strukturen oder wegen sonstiger total überraschend aufgetretener Hindernisse leider, leider wieder nicht ausgegangen ist, die angestrebte Frauenquote zu erreichen. Dürftige 33,9 Prozent beträgt der Frauenanteil im Nationalrat, nur die Grünen erfüllen die zugesagte Frauenquote. Die FPÖ hat gleich gar keine versprochen.

Sicher, es ist mühsam, althergebrachte Strukturen zu verändern. Bloß: Das Parlament sollte ein Spiegel der Bevölkerung sein. Es ist aber ein Zerrspiegel - der den Eindruck vermittelt, die überwältigende Mehrheit der ÖsterreicherInnen wäre männlich, mittleren Alters und bevorzugt im öffentlichen Dienst. Diesmal sitzen zwar zwei 21-Jährige im Nationalrat, es fehlen aber ZuwandererInnen, Frauen und auch SeniorInnen. Sie fehlen zu einem bunteren Bild - und zu einem repräsentativeren. (DER STANDARD, Printausgabe 21./22.12.2002)