Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA/ Eduardo Abad

Madrid - Spanien trauert um einen seiner größten Schriftsteller der Gegenwart: Jose Hierro, der zu den bedeutendsten spanischsprachigen Lyriker des 20. Jahrhunderts zählte, starb am Samstag in Madrid im Alter von 80 Jahren an einem Herz- und Lungenleiden.

König Juan Carlos und Königin Sofía würdigten in einem Beileidstelegramm das "große poetische Werk" des Autors. Ministerpräsident Jose Maria Aznar bezeichnete Hierro als einen "unermüdlichen Fürsprecher der Freiheit".

Der Leichnam des Dichters sollte am Sonntag in Madrid eingeäschert werden. Die Familie hatte zunächst noch nicht entschieden, ob die Asche in der Hauptstadt oder in Santander, wo Hierro aufgewachsen war, beigesetzt werden sollte.

Wegen einfacher, präzisen Sprache beliebt

Der Dichter war vor allem wegen seiner einfachen, präzisen und an Bildern reichen Sprache geschätzt. 1998 erhielt er den Cervantes-Preis, die höchste Literaturauszeichnung der spanischsprachigen Welt. Er hinterließ relativ wenige, dafür aber vielbeachtete Werke wie etwa "Quinta del 42" (1953) oder "Cuaderno de Nueva York" (New Yorker Heft/1998).

Klasse statt Masse

Die Angst vieler Schriftsteller vor dem weißen Blatt Papier hatte Jose Hierro nie. Wenn ihm nichts einfiel, schrieb er einfach nicht. Und so ließ Hierro zwischen "El libro de las alucinaciones" (Das Buch der Halluzinationen/1964) und "Agenda" (Notizbuch/1991) fast 30 Jahre verstreichen, ohne eine Zeile veröffentlicht zu haben. "Ich hatte einfach nichts Neues zu sagen."

Andere Autoren wären an seiner Stelle wohl in Vergessenheit geraten. Nicht aber Hierro, der nach dem Prinzip "Klasse statt Masse" zwar vergleichsweise wenige, aber dafür stets vielbeachtete Werke wie etwa "Quinta del 42" (1953) oder "Cuaderno de Nueva York" (New Yorker Heft/1998) geschrieben hat. Sie machten ihn zu einem der bedeutendsten spanischsprachigen Lyriker des 20. Jahrhunderts.

Musik spielte ein große Rolle

Sich selbst bezeichnete Hierro als "sozialen Dichter". Er fühlte sich als "Mann von der Straße", Ruhm und öffentliche Aufmerksamkeit waren ihm zuwider. Hierros große Vorbilder waren Federico Garcia Lorca (1898-1936) und Gerardo Diego (1896-1987) der berühmten "Generation von 1927". Mit seinen in "Reportagen" und "Halluzinationen" unterteilten Werken prägte er aber einen ureigenen Stil, bei dem die Musik ein große Rolle spielt. "Ich habe versucht, die Gefühle zu beschreiben, die Stücke von Mozart oder Schubert erwecken können." Seine Lyrik wolle eigentlich keine sein: "Die Menschen sollen sich nicht an ein Gedicht erinnern, sondern an die Geschichte, die ich ihnen damit erzählt habe."

Hierro wurde am 3. April 1922 in Madrid geboren, wuchs aber in Santander in Nordspanien auf. Als Jugendlicher veröffentlichte er Gedichte in anarchistischen Zeitschriften, schloss sich der später verbotenen Kommunistischen Partei an und setzte sich für politische Gefangene ein.

Zwölf Jahre Haft unter Franko Diktatur

Unter der Franco-Diktatur wurde er dafür zu zwölf Jahren Haft verurteilt, von denen er fünf absitzen musste. Zwei Jahre nach seiner Entlassung veröffentlichte Hierro 1946 seinen ersten Gedichtband, "Tierra sin nosotros" (Erde ohne uns). Darin verarbeitet er die Niederlage der Republikaner im Bürgerkrieg (1936-1939) und deren Verfolgung danach. Im selben Jahr gründete er die Zeitschrift "Proel". 1952 zog er nach Madrid zurück, wo er bis zu seiner Pensionierung 1987 bei Verlagen und dem spanischen Rundfunk arbeitete. (APA)